Es ist kein Geheimnis, dass die Zustände in belgischen Gefängnissen nicht ideal sind. Und hier reden wir längst nicht nur von Überbelegung. Denn letztlich spielt die Art und Weise, mit der mit den Gefangenen umgegangen wird, auch eine Rolle für ihre Zukunft, also für ihr Leben nach der Verbüßung ihrer Strafe.
70 Prozent von ihnen würden aktuell irgendwann wieder vor einem Richter landen, erklärt Justizminister Vincent Van Quickenborne am Donnerstag in der Zeitung Het Laatste Nieuws. Diese hohen Rückfallzahlen zeigten, dass einfach Wegsperren keine Lösung sei.
Zusätzliche Aufgaben
Eine moderne Strafvollzugspolitik müsse deshalb mehr und spezifisch abgestimmte Begleitung für die Häftlinge beinhalten, um sie besser auf ihre Freilassung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorzubereiten. Das bedeute aber auch, dass die im Gefängniswesen tätigen Beamten mehr Aufgaben als bisher übernehmen müssten. Stand bisher vor allem der Aspekt der Bewachung im Mittelpunkt, so sollen in Zukunft eben deutlich mehr begleitende Aufgaben dazukommen.
Das Problem ist allerdings, dass das existierende Personal schon jetzt gnadenlos überlastet ist. Von einer Übernahme zusätzlicher Aufgaben kann also keine Rede sein.
Deswegen sollen die anfallenden Aufgaben auch auf zwei unterschiedliche Funktionen verteilt werden, nämlich einerseits auf die sogenannten Sicherheitsassistenten und andererseits auf die Haftbegleiter. Erstere sollen die allgemeine Sicherheit garantieren, also die Gefangenen bewachen, kontrollieren und beobachten. Letztere den Häftlingen zur Seite stehen von Tag eins ihres Gefängnisaufenthalts an bis zu ihrer Entlassung.
1.200 offene Stellen
Das klingt zwar alles schön und sinnvoll. Aber um das auch tatsächlich umsetzen zu können, braucht es zunächst einmal vor allem mehr Personal.
300 unbesetzte Stellen gibt es allein für Sicherheitsassistenten, zählt man noch die Haftbegleiter wie Psychologen, Sozialarbeiter oder auch Krankenpfleger dazu, dann geht es um rund 1.200 offene Stellen im Gefängniswesen.
Um die zu füllen, hat das Justizministerium die Anwerbungsprozeduren deutlich vereinfacht – und will auch viel aktiver auf die Jagd gehen nach potenziellen Kandidaten. Zum Beispiel am kommenden Wochenende auf dem berühmt-berüchtigten Alcatraz.
Festival-Theme
Man hoffe, auf Alcatraz entsprechende Menschen zu finden, so der föderale Justizminister in der VRT. Denn das dortige Publikum sei ja oft schon tätig in dieser Art von Berufen. Vielleicht finde man aber auch Menschen, die nach einer neuen Herausforderung im Leben suchten.
Nein, mit "Alcatraz" ist natürlich nicht das weltbekannte ehemalige Hochsicherheitsgefängnis in der Bucht von San Francisco gemeint, sondern das gleichnamige Heavy-Metal-Festival in Kortrijk. Das hat seinen Namen aber natürlich von der Gefängnisinsel - und orientiert sich auch sonst stark an seinem Namensgeber: Von der Deko über die Namen für die Bühnen wie "Prison Stage" bis hin zur Bezeichnung "Insassen" für die Festivalbesucher, die im Übrigen manchmal gleich als Knackis oder Polizisten verkleidet zum Feiern kommen.
In dieses "Theme" werden sich auch der Infostand des Justizministeriums und die Aktivitäten integrieren, mit denen die Menschen neugierig gemacht werden sollen auf die Jobs in einem echten Gefängnis. So sollen Interessierte etwa bei einem Spiel namens "Flucht aus Alcatraz" durch das Beantworten von Fragen aus den Bereichen Justiz und Festival Treffen mit ihren Lieblingskünstlern gewinnen können.
Bessere Gesellschaft
Er hoffe, dass die Menschen so heiß gemacht werden könnten für die Jobs, so Van Quickenborne. Er sei jedenfalls überzeugt, dass das Publikum auf einem Metal-Festival das richtige für die Art von Aktion sei. Denn Metal-Fans seien schließlich Menschen, die zu einer besseren Gesellschaft beitragen und ihren Mitmenschen helfen wollten, hätten also genau das Profil, das man brauche.
Wer sich die Aktion ausgedacht hat, ist übrigens nicht bekannt. Allerdings steht der Justizminister in dem Ruf, selbst ein ziemlicher Metal-Fan zu sein. Und dann sollte man vielleicht auch nicht unerwähnt lassen, dass Vincent Van Quickenborne ja auch noch Titular-Bürgermeister von Kortrijk ist.
Die Anwerbeaktion soll aber nicht auf das Alcatraz beschränkt bleiben: Auch auf dem "Maanrock" in Mechelen vom 26. bis zum 28. August werde das Justizministerium mit seinem Job-Stand anwesend sein, so der Justizminister.
Boris Schmidt