Der sogenannte "Earth Overshoot Day", zu deutsch "Erdüberlastungstag", ist ein symbolisches Datum, das jedes Jahr aufs Neue berechnet wird. Und zwar von der Umweltorganisation "Global Footprint Network", einer Art Buchhaltungsorganisation für natürliche Ressourcen. Als Grundlage verwendet die Non-Profit-Organisation, wie es der Name schon nahelegt, den sogenannten "globalen ökologischen Fußabdruck". Dieser "Fußabdruck" aus etwa drei Millionen statistischen Daten aus 200 Ländern gibt an, wie groß die menschliche Nachfrage nach biologischen Rohstoffen in einem Jahr ist und setzt das in Verhältnis zur Reproduktionskapazität des Planeten in puncto nachwachsender Rohstoffe im gleichen Zeitraum.
Der "Erdüberlastungstag" gibt also an, ab wann die Menschheit – auf die ganze Welt bezogen – den für dieses Jahr zur Verfügung stehenden Vorrat dieser Ressourcen aufgebraucht hat. Also zum Beispiel mehr Fische gefischt, mehr Bäume gefällt oder Land stärker bebaut hat, als die Erde regenerieren kann.
Aber nicht nur das: Es ist auch das Datum, ab dem wir mehr Treibhausgase produziert und ausgestoßen haben, als vor allem Ozeane und Wälder aufnehmen können. Ab diesem Tag leben wir quasi auf Pump, auf Kredit. Deswegen wird der Tag auch manchmal als "Ökoschuldentag" bezeichnet.
Dieses Jahr fällt dieser Aktionstag auf den 28. Juli. Das bedeutet, dass wir eigentlich 1,75 Erden bräuchten, um genug natürliche Rohstoffe zu regenerieren, um am Ende des Jahres bei Null zu landen. Aber die haben wir natürlich nicht, der Mensch lebt nicht nachhaltig und betreibt durch seinen Lebensstil Raubbau an der Natur.
Und noch etwas ist besorgniserregend: Das Ressourcen-Defizit sei das größte, seitdem die Menschheit in den 1970er-Jahren begonnen habe, über die Regenerationsfähigkeit der Welt hinaus zu leben, wie Koen Stuyck von der Umweltorganisation WWF-Belgien gegenüber der VRT auslegte. Letztes Jahr war der Erdüberlastungstag nämlich noch einen Tag später als heute, also am 29. Juli.
Belgien schlechter Schüler
Nun leben bekanntermaßen nicht alle Menschen auf der Welt auf die gleiche Art und Weise. Neben dem globalen Erdüberlastungstag gibt es deshalb auch noch nationale Daten, ab wann ein Land über seine Verhältnisse lebt. Je früher das Datum fällt, desto verschwenderischer leben die Menschen in einem bestimmten Land.
Belgien präsentiert sich hier als ziemlich schlechter Schüler, wenn auch nicht als der allerschlechteste. Länder wie Katar, Luxemburg, Kanada, die Arabischen Emirate, die Vereinigten Staaten oder auch Australien haben eine noch schlechtere Bilanz. Aber dennoch liegt unser Land mit dem 26. März als seinem "Earth Overshoot Day" eindeutig nicht auf einem guten Platz.
Wenn alle Menschen auf der Welt wie die Belgier leben würden, dann bräuchten wir vier Erden, um über die Runden zu kommen, so Koen Stuyck. Belgien habe also die Verantwortung, sehr stark an seinem ökologischen Fußabdruck zu arbeiten.
Umdenken erforderlich
Entscheidend für das schlechte Abschneiden ist laut WWF-Belgien vor allem der hohe Ausstoß an Treibhausgasen, denn er macht mit rund 65 Prozent fast zwei Drittel des gesamten belgischen ökologischen Fußabdrucks aus. Um so viel CO2 absorbieren zu können, wie es produziert, müsse Belgien eigentlich mindestens fünfeinhalb Mal so groß sein, wie es tatsächlich sei.
Um diese Bilanz zu verbessern und damit den Erdüberlastungstag im Kalender weiter nach hinten zu schieben, sieht WWF-Belgien mehrere Ansatzpunkte: Zum einen verbrauche Belgien weiter viel zu große Mengen fossiler Brennstoffe, ein Umdenken in Sachen Mobilität und Industrie sei also dringend angeraten. Aber auch die Verschwendung von Lebensmitteln könne reduziert werden, auch die Landwirtschaft stoße noch immer zu viele Treibhausgase aus.
Belgien müsse aber auch den Schutz beziehungsweise die Wiederherstellung seiner Natur stärken, so Stuyck. Denn das sei die beste Versicherung gegen alle möglichen Arten von Krisen. Belgien habe eine sehr geringe Biokapazität, es gebe im Vergleich zum weltweiten Durchschnitt zu viel Bebauung und zu wenig Natur. Das wirke sich dann etwa auch negativ auf die Ökosysteme anderer Länder aus.
Boris Schmidt
Mit den hier gemeinten Ressourcen sind auch nichtorganische Rohstoffe wie Metalle und Mineralien gemeint.
Beim World-Wildlife-Fund lesen wir: "In weniger als acht Monaten haben wir mehr natürliche Ressourcen verbraucht, als der Planet in einem Zeitraum von 12 Monaten produzieren kann. Für den Rest des Jahres werden wir von Ressourcen leben, die wir uns von künftigen Generationen geliehen haben."
Dass natürliche 'nachwachsende Ressourcen' wie z.B.Fischbestände oder Holzeinschlag eine biologische Nutzungsgrenze haben, damit keine Übernutzung stattfindet, leuchtet wohl jedem ein. Damit ist das Prinzip der Nachhaltigkeit gemeint.
Der Club-of-Rome (Grenzen des Wachstums) prognostizierte 1972, dass der Menschheit bis 2027 das Aluminium ausgehen würde, bis 2020 Kupfer, bis 2001 Gold, bis 2036 Quecksilber, bis 2014 Silber und bis 2022 Zink.
Das Erdöl wäre uns zwischen 2000 und 2020 ausgegangen. 😉
Ressourcen wie Mineralien, Metalle und organische Energieträger in der Erdkruste sind nicht nachwachsenden Ursprungs ("nicht-erneuerbar"), deshalb ist dieser "Erdüberlastungstag" sinnloser denn je. Es ist eine irreführende Bezeichnung.