Innerhalb von zehn Jahren ist der Marktanteil der Sorte in Belgien auf einige wenige Prozente geschrumpft. Dabei bestand alleine in Flandern noch im Jahr 2011 die Hälfte der flämischen Kartoffelernte aus Bintjes. Sie war die am stärksten kultivierte Sorte. Doch mittlerweile ist die Kartoffel wirtschaftlich von marginaler Bedeutung.
Neuer Thronfolger
Eine neue Sorte ist jetzt - im wahrsten Sinne des Wortes - in aller Munde: die Fontane-Kartoffel. Sie hat die Bintje vom Thron gestoßen. Der Aufstieg der Fontane hat mit dem Wachstum der Tiefkühlfritten-Industrie zu tun, sagt Christophe Vermeulen, Sprecher von Belgapom, dem Dachverband der belgischen Kartoffelindustrie. Demnach ist die Fontane eine typische Industriekartoffel.
Die Nachfrage der Industrie sei in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. Kartoffelbauern, die mit einem Tiefkühlkostunternehmen einen Vertrag über den Anbau von Fontane-Kartoffeln abschließen, könnten sich sicher sein, dass dieses Unternehmen sie auch kaufen wird. Denn die Nachfrage steigt weiter.
Fontane ist aber nicht die einzige neue Sorte, die einen Aufschwung erlebt. Auch Challenger ist nach Angaben von Statbel in den letzten zehn Jahren immer beliebter geworden. Christophe Vermeulen zufolge ist diese Kartoffel auch wegen der Form der Knollen beliebt. Dies ermöglicht lange Fritten, zum Beispiel für den Fastfood-Sektor.
Resistenz
Die Bintje ist ziemlich empfindlich gegen Kartoffelnematoden. "Das sind kleine Organismen, die die Wurzeln befallen", sagt Ilse Eeckhout vom Forschungszentrum für Kartoffelproduktion (PCA) in Kruishoutem. Die Fontane-Kartoffel sei resistent gegen Nematoden, die vor zehn Jahren in den Böden sehr verbreitet waren. Der Anbau der Fontane löste dieses Problem auf nachhaltige Weise.
Auch der Klimawandel spielt eine Rolle. Infolge der vermehrt auftretenden heißen und trockenen Sommer bevorzugen viele Landwirte Sorten, die mit diesen Bedingungen besser zurechtkommen. Steigt die Bodentemperatur über 25 Grad, leidet die Bintje unter übermäßigem Wachstum. Auf der ursprünglichen Knolle bilden sich dann neue Knollen, was die Qualität beeinträchtigt. Die Fontane ist hiervon deutlich weniger betroffen.
Haltbarkeit und Geschmack
Die Bintje hat zwar an Boden verloren, aber sie ist nicht verschwunden. „Es gibt immer noch einen Markt dafür", sagt Ilse Eeckhout. Frittenbudenbetreiber schätzen die Bintje weiterhin wegen des Geschmacks.
Der Markt für frische Fritten ist aber sehr viel kleiner als der für tiefgekühlte Fritten, die in die ganze Welt exportiert werden. Außerdem ist die Bintje nicht so lange haltbar wie Fontane.
Es gibt auch einen Geschmacksunterschied, aber jüngere Verbraucher sind dem typischen Geschmack des Bintje weniger zugetan, sollen Testverkostungen ergeben haben.
Herkunft
Wie die Bintje stammt auch die Fontane aus den Niederlanden, wo viele Zuchtbetriebe ansässig sind. Bintje ist eine alte Sorte. Sie wurde 1905 von einem friesischen Lehrer entwickelt. Der Name wurde von einer seiner fleißigsten Schülerinnen, der damals 17-jährigen Bintje Jansma, inspiriert. Da sie sich sehr gut als Chipskartoffel eignet, wurde die Sorte in Belgien schnell populär.
Die Fontane-Kartoffel ist auf ihre Art vielseitig, weil sie sowohl auf lehmigen als auch auf sandigen Böden gedeiht. Sie ist die erfolgreichste Sorte des Zuchtbetriebs Agrico. Landwirte müssen dafür das Züchterrecht bezahlen, eine Art Urheberrecht für neu entwickelte landwirtschaftliche Sorten.
Bei Bintje waren diese Rechte schon lange erloschen. Es ist ein zusätzlicher Kostenpunkt, aber die Vorteile überwiegen bei weitem die Ausgaben, sagt Eeckhout. Der Trend, weniger Pestizide und Herbizide in der Landwirtschaft einzusetzen, macht Sorten mit hoher Krankheitsresistenz attraktiver.
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