Die Fragen der Kammerabgeordneten an Premierminister Alexander De Croo und Finanzminister Vincent Van Peteghem drehten sich einerseits inhaltlich um spezifische Empfehlungen der Experten. Zum anderen aber auch sehr stark um die Art und Weise, wie die Regierung und Regierungsparteien mit den Gutachten der Experten bislang umgegangen sind und noch umzugehen gedenken.
Dabei eindeutig im Fadenkreuz, und zwar sowohl von innerhalb der Regierung als auch aus der Opposition, natürlich Georges-Louis Bouchez, der Präsident der frankophonen Liberalen MR. Der hatte ja etwa das gesamte Gutachten zur Steuerreform postwendend und polemisch in der Luft zerfetzt. Dafür bekam er, obwohl nicht persönlich anwesend, sein Fett ab.
Ganz allgemein geht vielen Parlamentariern aber das ewige Gekabbel innerhalb der Vivaldi-Koalition ziemlich auf die Nerven. Und die Konsequenzen daraus: Dass es nämlich mit nichts vorwärtszugehen scheint. Oder um es mit den Worten des unabhängigen Jean-Marie Dedecker zu sagen: Wann würden die Minister endlich mit dem Gegacker aufhören und beginnen, Eier zu legen?
Sehr scharfe Worte auch von Catherine Fonck von den oppositionellen Les Engagés. Unanständig sei es, dass die Regierung die Debatte über Maßnahmen zur Stärkung der Kaufkraft auf nach dem Sommer verschiebe, wo doch jetzt gerade so viele Menschen schon nicht wüssten, wie sie über die Runden kommen sollten.
Von den Mehrheitsparteien Ecolo-Groen, Vooruit, Open VLD und auch CD&V kam ebenfalls Druck beziehungsweise die Ermunterung, zügig weiterzumachen mit den so notwendigen Reformen und Maßnahmen. Die MR wiederum schien eher erneut auf die Bremse zu treten.
De Croo verwehrte sich zunächst gegen alle Vorwürfe der Zögerlichkeit und Untätigkeit. Seine Regierung habe schon vor Monaten zahlreiche wirksame und umfassende Unterstützungsmaßnahmen beschlossen und diese auch bereits bis zum Winter verlängert. Man müsse aber auch einsehen, dass man sich in einer schwierigen Situation befinde und es keine wirklichen Anzeichen für eine Besserung gebe. Aber gerade deshalb sei es wichtig, dass Politiker ehrlich seien und den Menschen auch unbequeme Wahrheiten erzählten. Es sei unmöglich für Staat und Gesellschaft die finanziellen Auswirkungen einer solchen Krise komplett aufzufangen. Politiker müssten aufhören, den Menschen vollmundige Versprechen zu machen, die unmöglich zu erfüllen seien. Wen der Premier dabei im Sinn hatte, ließ er offen.
Seine nächste Mahnung ging jedoch ziemlich unmissverständlich in Richtung von Bouchez und Co. Er erwarte von Politikern zumindest einen Geist, der offen genug sei, um alle Vorschläge zu besprechen. Dass sie, wenn Experten mit Empfehlungen kämen, diese zumindest auch lesen würden, um dann konstruktiv darüber diskutieren zu können.
Auch gegen Vorwürfe, dass die Regierung schon wieder ein wichtiges Projekt auf die lange Bank schieben wolle, wehrte sich De Croo. Die Aufgabe der Politiker sei, die Vorschläge der Experten in Politik zu übersetzen und daraus etwas Gutes und Zusammenhängendes zu machen. Das könne man von seiner Regierung auch erwarten, aber es brauche eben eine gewisse Zeit.
Finanzminister Van Peteghem wiederum wollte sich zu konkreten Punkten einer möglichen Steuerreform nicht äußern. Nur so viel: Das aktuelle Steuersystem sei überholt und ungerecht und werde den heutigen Bedürfnissen von Menschen und Wirtschaft nicht mehr gerecht. Um den Wohlstand und den Sozialstaat auch für zukünftige Generationen zu bewahren, müssten deshalb Entscheidungen getroffen werden. Die Abgeordneten könnten darauf rechnen, dass er diese Entscheidungen machen werde – und zwar zügig. Und dass er seinen Entwurf für die Steuerreform dann auch in der Kammer vorstellen werde.
Es werde von der Politik mutige Entscheidungen brauchen. Und dazu müssten dann alle aus ihren Schützengräben herauskommen, um den Blick in Richtung Zukunft zu richten, so Van Peteghem.
Boris Schmidt
Zitat aus dem Artikel
"...Es sei unmöglich für Staat und Gesellschaft die finanziellen Auswirkungen einer solchen Krise komplett aufzufangen..."
Das heißt die Politik verursacht Probleme und kann sie nicht lösen, lässt die Bevölkerung im Stich. Gescheiterter Staat nennt man das im Klartext. Die sinnlosen Sanktionen sind eine Ursache für die aktuellen Probleme. Diese Sanktionen waren keine zwingende Notwendigkeit. Aber die Moralapostel und Gutmenschen in der Politk wollen und können keine Fehler eingestehen. Das würde den Scheinheiligrnschein massiv beschädigen.
Nur mit der Ruhe, Herr Scholzen!
Die Realität ist bereits auf der Überholspur. Banale Dinge wie Wohnen, Heizen, Essen, Energie, Transport und vieles mehr werden dafür sorgen dass Moralapostel und Gutmenschen, Träumerlein und Ideologen, starke-Zeichen-Setzer und sonstige Verführer schon bald zu den eigentlichen Dingen des Lebens zurück finden.
Bis dahin: lächeln Sie milde!