Eine der bereits zum Einsatz gekommenen technischen Schutzmaßnahmen, um das Infektionsrisiko in geschlossenen Räumen zu verringern sind Filteranlagen zur Reinigung der Luft. Sie entfernen zum Beispiel in Klassenzimmern Partikel aus der Luft und damit, so zumindest das Versprechen, auch die in Aerosol-Form vorliegenden Virusteilchen.
Wie wirksam das funktioniert, darauf gibt jetzt eine erste Studie der Universität Antwerpen Hinweise. Sie umfasst Messergebnisse aus 25 flämischen Schulen. Insgesamt über drei Millionen Messungen seien seit Januar durchgeführt worden, so Guillaume Ooms gegenüber der VRT. Er ist Managing Director bei der Firma Genano, die solche Luftreiniger herstellt. Das sei enorm viel. Genano hat in einer Grundschule in Edegem zu Beginn des Jahres 20 ihrer Geräte aufgestellt, die die Wissenschaftler der Uni Antwerpen ein halbes Jahr lang hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Luftqualität auswerten konnten.
Dabei haben die Forscher aber nicht tatsächliche Ansteckungen mit dem Coronavirus gezählt. Denn man kann natürlich nicht einfach wissentlich infizierte Kinder in Klassenzimmer mit nicht infizierten stecken. Stattdessen wurde die Feinstaubkonzentration gemessen, also die Konzentration kleinster Partikel in der Luft, mit und ohne Luftreiniger in den Klassenzimmern. Laborversuche haben jedoch gezeigt, dass mit der Feinstaubkonzentration auch die Anzahl der in der Luft befindlichen Viruspartikel abnimmt.
Zunächst habe man ohne Kinder in den Räumen gemessen, so Forscher Linus De Roo in der Zeitung Het Nieuwsblad. Diese Messungen hätten gezeigt, dass eine Luftfilteranlage die Feinstaubkonzentration stark senke, selbst wenn außerhalb des Raums eine hohe Konzentration herrsche. Mit Kindern in den Klassenzimmern sei der Effekt weniger deutlich, weil die Kinder selbst auch kleinste Partikel abgeben und damit zur Feinstaubkonzentration beitragen. Dennoch sind die Messungen auch hier eindeutig: Die Feinstaubkonzentration nehme mit Luftreiniger um ungefähr 45 Prozent ab, so Forscherin Marjan Demuynck.
Theoretisch könnten Luftreiniger das Corona-Infektionsrisiko um den Faktor zwölf reduzieren, sagt Bert Blocken, ein Ingenieur der KU Löwen und der Technischen Universität Eindhoven. Um das aber unter wirklichkeitsgetreuen Bedingungen zu testen, wollen Blocken und sein Team bis zum Beginn des nächsten Schuljahres Geräte in 500 flämischen und 500 niederländischen Klassenzimmern installieren. So wolle man sehen, ob die Luftreiniger bei einem nicht kontrollierten Infektionsgeschehen einen Unterschied machen könnten.
Neben dem Schutz vor Krankheitserregern könnten die Geräte aber noch weitere positive Auswirkungen haben, zum Beispiel psychologischer Art: Sowohl Lehrkräfte als auch Schüler hätten sich einfach sicherer gefühlt, so Vanessa Cuyvers, Direktorin einer teilnehmenden Schule. Gerade auf dem Höhepunkt der Omikron-Welle sei das festzustellen gewesen. Sie hätten auch die Qualität der gefilterten Luft als besser empfunden. Dafür anfällige Personen hätten außerdem berichtet, dass ihre Allergien in Klassenzimmern mit Luftfiltern ein deutlich geringeres Problem dargestellt hätten als draußen.
Natürlich müssten trotzdem ab und zu die Fenster geöffnet werden, betont aber Marjan Demuynck. Denn für frische Luft könnten die Luftreiniger nicht sorgen. Dennoch müsse man sich bewusst sein, dass das Öffnen von Fenstern einerseits Schmutzpartikel und Lärm von draußen in die Klassenzimmer lasse und auch energetisch von Nachteil sein könne, etwa im Winter. Die Luftreiniger könnten einen Teil der Lösung darstellen, so Linus De Roo.
Das sieht auch Guillaume Ooms von Genano so: Durch einen guten Mix aus Lüften und Luftreinigen könne man eine bestmögliche Luftqualität, bessere Ergebnisse, mehr Komfort und geringere Energiekosten erzielen, so Ooms.
Boris Schmidt