Die Gewerkschaften demonstrieren am Montag in Brüssel für eine Stärkung der Kaufkraft. Laut Gewerkschaften sind es etwa 80.000 Menschen, die Polizei spricht von 70.000.
Premierminister Alexander De Croo hat nach eigenen Worten Verständnis für die Sorgen und Nöte der Menschen. Doch sei es nicht so, als hätte seine Regierung noch nichts unternommen.
Seiner Ansicht nach gebe es auch andere Mittel, um seinen Unmut zum Ausdruck zu bringen. Er habe doch wenig Verständnis für die Art und Weise, wie die Gewerkschaften auf die Kaufkraft-Problematik aufmerksam machen wollen, sagte Premierminister Alexander De Croo am Montagmorgen in der VRT.
"Muss es denn immer gleich ein nationaler Aktionstag sein, der das halbe Land lahmlegt?", fragte sich De Croo. In Brüssel fuhren am Montagmorgen nur sehr wenige Busse und Bahnen, in der Wallonie war das Netz der TEC ebenfalls schwer gestört, auch in Flandern blieb rund die Hälfte der Fahrzeuge in den Depots.
Keine Starts am Nationalflughafen
Am Brussels Airport geht sogar so gut wie nichts mehr. Hintergrund ist ein Streik der Mitarbeiter der Sicherheitsfirma G4S, die am Landesflughafen für die Sicherheitskontrollen zuständig ist. Erst hatten die Airport-Verantwortlichen noch gehofft, den Betrieb zumindest halbwegs aufrechterhalten zu können. Am Abend warfen sie dann aber doch noch das Handtuch.
In der Zwischenzeit habe sich nämlich herausgestellt, dass noch weniger Sicherheitsleute zur Verfügung stehen, als ohnehin schon befürchtet, sagte Nathalie Pierard, Sprecherin des Brussels Airport, in der RTBF. Das hätte die Wartezeiten nochmal verlängert. Und bei zehn Stunden und mehr wäre die Sicherheit aller Beteiligten nicht mehr zu gewährleisten.
Also beschloss der Flughafen, alle 232 Starts abzusagen. Einige Airlines wichen auf Regionalflughäfen aus, vor allem Ostende, Antwerpen und Lüttich. Für die Passagiere wurden Shuttlebusse bereitgestellt. Immerhin: Die für Montag in Zaventem vorgesehenen Landungen konnten in begrenztem Umfang abgewickelt werden.
Kunden, deren Flug ersatzlos gestrichen wurde, werden entweder auf einen anderen Tag umgebucht oder sie bekommen ihr Geld zurück. Sie haben aber nicht das Recht auf eine Schadensersatzzahlung, wie es das EU-Verbraucherrecht vorsieht. Schlicht und einfach, weil im vorliegenden Fall nicht die jeweilige Airline die Schuld trägt, sondern "höhere Gewalt" geltend gemacht werden kann, erklärte Simon November von der Verbraucherschutzorganisation Test-Achats in der VRT.
Für den Brussels Airport und einige Fluggesellschaften ist das alles aber erst der Anfang. Ende der Woche will das fliegende Personal von Brussels Airlines und auch von Ryanair die Arbeit niederlegen.
Kaufkraft und Lohnnorm
Mit dem Aktionstag wollen die Gewerkschaften in erster Linie für eine Stärkung der Kaufkraft demonstrieren. Im Visier ist aber auch das Gesetz von 1996, das die sogenannte Lohnnorm festlegt. "Dieses Gesetz hindert uns daran, Gehaltserhöhungen auszuhandeln", beklagte FGTB-Chef Thierry Bodson in der RTBF.
"Die Menschen haben sich in den letzten Jahren wegen der Krise nochmal zusätzlich krummlegen müssen", hakt Marc Leemans von der christlichen CSC ein. "Viele mussten zudem Gehaltseinbußen hinnehmen, weil sie in Kurzarbeit geschickt wurden. Jetzt fällt ihnen mit den astronomischen Preisen schon wieder der Himmel auf den Kopf. Und bei alledem bleiben die Gehälter unverändert - das geht doch nicht."
"Das stimmt nur bedingt", wendet aber Premierminister De Croo ein. "Es gibt schließlich die Lohn-Indexbindung. Die Bezüge wurden in letzter Zeit schon vier Mal erhöht. Das ist ziemlich einzigartig. In vielen anderen Ländern beginnen jetzt erst die Verhandlungen, um die Inflation durch Lohnerhöhungen auszugleichen - hierzulande geschieht das automatisch." Und es seien nunmal die Arbeitgeber, die diese Lohnerhöhungen finanzieren müssen. Auch deren Sorgen dürfe man nicht ignorieren.
Davon abgesehen, sagt De Croo: Es ist nicht so, als müsste man erst noch auf die Kaufkraftproblematik hinweisen. Im Gegenteil: Gerade erst habe die Regierung einige Unterstützungsmaßnahmen noch einmal verlängert, also zum Beispiel die Ausweitung des Sozialtarifs für Energieprodukte oder die Senkung der Mehrwertsteuer bzw. der Akzisen.
Von den Sozialpartnern erwarte er denn auch mehr. Statt sich in ihren jeweiligen Positionen einzugraben, sollten Arbeitgeber und Gewerkschaften sich an einen Tisch setzen und gemeinsam nach Lösungen suchen. In diesen beispiellosen Zeiten sollte man einander zuhören, statt sich zu bekriegen.
Roger Pint
Gewerkschaften haben so einiges positives geleistet. Mittlerweile entpuppen sie sich aber als Totengräber unseres Wohlstandes, die jeglichen Realitätssinn verloren haben.
Man darf nicht verallgemeinern, manche kommen viel schlechter durch die Krise als andere... Aber man könnte trotzdem mal kurz darüber nachdenken, ob einige von uns nicht zu verwöhnt sind... Heute im Grenz Echo: ein Artikel über den Aktionstag für mehr Kaufkraft... und ein anderer Artikel, dass die Belgier dieses Jahr weiter, länger und teurer in den Urlaub fliegen...
Als ich vor ca. 7 Jahren die CNE auf die katastrophalen Folgen der EZB Geldpolitik auf die Renditen der Gruppenversicherungen (das ist die Altersversorgung vieler Angestellter jenseits der staatlichen Hungerrente) aufmerksam machte, und sie aufforderte das zu thematisieren, folgten nur einige lustlose e-mail. Man war an dem Thema nicht interessiert bzw. hatte es gar nicht verstanden. Jetzt, da es zu spät ist, rennen sie allen hinter den Fahnen in Brüssel her und glauben damit noch etwas retten zu können. Ich hatte damals meine Mitgliedschaft gekündigt, eine Gewerkschaft die sich nicht für meine Gruppenversicherung interessiert muss ich nicht auch noch bezahlen. Wer glaubt dass man jetzt nur beim Arbeitgeber an die Türe hämmern muss um den Kaufkraftverlust dort erstattet zu bekommen wird sich noch wundern – spätestens wenn er dort vor geschlossenen Werkstoren steht. Und zur Politik, die das alles zu verantworten hat, schreibe ich jetzt besser nicht was ich denke....
Die Anliegen der Menschen, die dort demonstriert haben, sollte man ernst nehmen.Und DeCroo sollte nicht vergessen, dass er und seinesgleichen die Probleme mitverursacht haben.DeCroo ist also Teil des Problems und nicht Teil der Lösung.Niemand war gezwungen, ein Öl und Gasembargo gegen Russland zu verhängen, welches die Preissteigerungen ausgelöst hat.
Gewerkschaften sind undemokratisch organisiert.Jeder Musikverein ist demokratischer.
"ein Öl und Gasembargo gegen Russland zu verhängen, welches die Preissteigerungen ausgelöst hat."
Nun ist aber die Inflationsrate bereits seit Anfang 2021 kontinuierlich angestiegen, als noch keine Rede vom Ukrainekrieg und noch weniger von einem Embargo war.
Sie hat allerdings 2022 einen ordentlichen Zahn zugelegt.
Im Coronajahr 2020 lag sie noch bei 0.5%.
"Inflation auf höchstem Stand seit 1993" (tagesschau 06.01.2022)
In Belgien stieg sie 2021 von 0.8% auf 6,6%.
("Inflation record en Belgique en 2021" in "économie" mit vielen Details)
Dass "der Staat" (= wir alle!) den Kaufkraftverlust der Bürger durch Subventionen und Steuersenkungen einfach so durch Neuverschuldung ausgleichen könnte, ist ein Wunschdenken. So oder so bezahlen immer die Verbraucher.
Aber wie man im GE lesen konnte, sind die in ihrer großen Mehrheit noch nicht bereit, von ihrem gewohnten Lebensstil zu lassen und auf Liebgewonnenes wie Urlaubsreisen zu verzichten ("mehr, länger, teurer, länger").
Im Gegenteil, durch Corona besteht anscheinend ein Nachholbedarf.
Herr Pesch, dämagogischer geht's nicht? Staatliche Hungerrente ? Ich habe 42 Arbeitsjahre hinter mir bis zum 65. Geb. und meine rein staatliche Rente erlaubt mir ein angenehmes Leben, ist in diesem Jahr schon 3 x erhöht worden und im Mai bekam man knappe 1000 Euro Urlaubsgeld (brutto) obendrauf. Die staatliche Rente steigt mit dem Lebensstandard, die private, von Renditen abhängige Gruppenversicherung kann in Depressionen schonmal in den Keller gehen, und wer genau dann in Rente geht, hat Pech gehabt. Aber diese Summe steht am 65. Geb. fest und es gibt keinerlei Lebenskostenangleichungen mehr. Damit wär ich nicht weit gekommen. Ausserdem bekommen längst nicht alle, und insbesondere gerade nicht die, die es am dringensten benötigten, diese Extra-legale Altersversorgung
Frau van Straelen,
beim H.Pesch ist die "Fallhöhe" eine andere, wenn man viel verdient an der Arbeit und dann später wenig Rente bekommt "leidet" das Lebensniveau um so mehr. Er muss auf mehr Luxus verzichten den sich normale Arbeiter gar nicht leisten können.
Es gibt einen anderen BRF Artikel indem der Einkaufswagen um 11% teurer wird, man braucht also garnicht erst fragen warum demonstiert oder gestreikt wird. Zahlen sprechen für sich, und die schmerzen den Kleinverdienern allerdings werden mittlere Einkommen auch darunter leiden müssen. Wer jetzt nicht eine Tankkarte von seinem Arbeitgeber gestellt kriegt merkt das mindestens wöchentlich - sogar die die im Ländchen arbeiten, auch da ist die Inflation mittlerweile angekommen
Herr Schleck.
Der Ukrainekrieg hat die Inflation beschleunigt.Das ist Tatsache.Und so macher nutzt diesen Konflikt, um sich die Tasche zu füllen.
Natürlich bezahlt der Endverbraucher alles.
"Verzichten", um aus einer Krise herauszukommen, funktioniert nicht. Das hat die "Rettung" Griechenlands gezeigt.Da sind Sozialleistungen auf Teufel komm raus gekürzt worden mit dem Ergebnis, dass große Teile der Bevölkerung verarmten, die besten Köpfe das Land verließen.Jetzt noch ist Griechenland das höchst verschuldete EU Land.
Das einzige,was langfristig nutzt, ist ein Schuldenschnitt wie 1953 zwischen Deutschland und seinen Gläubigern vereinbart, verbunden mit einer gerechten Steuerreform, und einem Senken der Staatsquote.Nur produktive Arbeit bringt etwas. Verwaltungen aufblähen, um Menschen zu beschäftigen, ist wirtschaftlicher Nonsens.
Ich habe dem Herrn Scholzen vorgeworfen, dass man mit ihm nicht rational diskutieren könne. Hier liefert er wieder ein eklatantes Beispiel:
Er hat behauptet: "„ein Öl und Gasembargo gegen Russland zu verhängen, welches die Preissteigerungen ausgelöst hat.“
Ich habe ihm bewiesen, dass das so nicht stimmt.
Jetzt legt er eine elegante Volte hin, indem er sich damit herausredet, es sei eine Tatsache, dass der "Ukrainekrieg" (zuerst war es aber das "Embargo") die Inflation "beschleunigt" (zuerst "ausgelöst") habe.
Was ich überhaupt nicht bestritten habe: "einen Zahn zugelegt".
Der Herr Scholzen sollte genauer hinschauen, bevor er drauflos kommentiert.