Flugreisende haben es zurzeit nicht leicht. Und das gilt nicht nur für Flugreisende in Belgien. Überall in Europa kommt es zurzeit an vielen Flughäfen zu langen Wartezeiten bei der Abfertigung, zu Verspätungen und Ausfällen der Flüge.
Das hat überall meist den gleichen Grund: Die Mitarbeiter der Fluggesellschaften und Flughäfen sind überlastet mit zu viel Arbeit. Warum das so ist, lässt sich relativ leicht erklären: Während der Corona-Pandemie war der Flugbetrieb monatelang fast vollständig zum Erliegen gekommen. Flughäfen und Fluggesellschaften hatten tausende Mitarbeiter entlassen. Diese Mitarbeiter fehlen jetzt, wo die Menschen wieder mit dem Flugzeug reisen können und das auch wollen.
Schnell neues und qualifiziertes Personal einzustellen, um diesen Ansturm bewältigen zu können, ist schwierig. Viele der gesuchten Berufe sind nicht unbedingt attraktiv - nicht nur wegen der Bezahlung, sondern auch wegen der unregelmäßigen Arbeitszeiten mit Schicht-, Wochenend- und Nachtarbeit.
"Wir sind auf dem Zahnfleisch gegangen. Wir waren 40 Mitarbeiter, die sich für den kommenden Monat krankgemeldet hatten. Das ist ein Signal. Wenn man da als Unternehmensleitung nichts tut, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als schwerwiegende Konsequenzen zu ziehen", beschreibt Olivier Van Camp von der sozialistischen Gewerkschaft ABVV, wohin die hohe Arbeitsbelastung für das Personal bei Brussels Airlines geführt hat.
"Keine andere Möglichkeit"
Diese schwerwiegenden Konsequenzen sind jetzt der Streik, zu dem sich Piloten und Kabinenpersonal von Brussels Airlines entschieden haben. Dass mit dem Streik eigentlich die falschen Personen, nämlich die Flugreisenden getroffen werden, ist auch Gewerkschaftler Van Camp durchaus bewusst. "Wir wollen nicht die Passagiere treffen. Es tut uns auch sehr leid für sie. Aber wir sehen keine andere Möglichkeit."
Seitens der Fluggesellschaft Brussels Airlines zeigt sich Sprecherin Maaike Andries enttäuscht, dass die Gewerkschaften nicht auf die Angebote der Unternehmensleitung eingegangen sind. "Wir bedauern es sehr, dass wir heute keine Einigung mit unseren Sozialpartnern erzielen konnten. Wir haben in den vergangenen Monaten eine ganze Reihe von Vorschlägen auf den Tisch gelegt und auch Maßnahmen umgesetzt, um den Arbeitsdruck zu verringern", sagte sie am Donnerstag in der VRT.
425 Euro Sommerprämie soll die Unternehmensleitung nach Angaben der Gewerkschaften in Aussicht gestellt haben, wenn die Flüge zu 90 Prozent pünktlich sein würden. In der aktuell angespannten Lage an fast allen europäischen Flughäfen sei das quasi von vornherein unmöglich zu erreichen, so die Position der Gewerkschaften dazu. "Man kann Almosen verteilen, aber Sicherheit kann man damit nicht kaufen", ärgert sich Paul Beukenhout von der christlichen Gewerkschaft ACV. "Das Kabinenpersonal und die Piloten wollen klare Absprachen über neue Arbeitszeiten, inklusive der Ruhezeiten, um es diesen Mitarbeitern zu ermöglichen, ein soziales Leben neben dem Beruf zu haben."
Mehrere Streiks
Zurück zu den Fluggästen: Sie werden nicht nur unter dem Streik von Brussels Airlines nächste Woche leiden. Schon am Montag, am nationalen Streiktag, will auf jeden Fall das Sicherheitspersonal am Flughafen Zaventem streiken. Andere Berufsgruppen könnten sich dem Streik anschließen, auch an anderen belgischen Flughäfen. Dazu drohen noch ein Streik bei Ryanair und auch weitere Streiks bei Brussels Airlines den ganzen Sommer über.
Für nächste Woche will die Fluggesellschaft alles dafür tun, möglichst viele Reisende trotz des Streiks doch noch irgendwie zu ihren Zielen zu bringen. "Wir werden in den kommenden Tagen alles dafür tun, um den Flugplan zu organisieren und zu entscheiden, welche Flüge noch stattfinden können und welche abgesagt werden müssen. Die betroffenen Fluggäste werden wir dann kontaktieren, um gemeinsam mit ihnen nach der bestmöglichen Alternative für ihre Reise zu suchen", sagt Unternehmenssprecherin Andries.
Kay Wagner