"Es ist eine Ausnahme, nicht die Regel". Mit diesem einen Satz hat der für Asyl und Migration zuständige Staatssekretär Sammy Mahdi am Freitagmorgen in der VRT noch einmal seine Haltung auf den Punkt gebracht.
Mit besagter "Ausnahme" meint er das, was man unter anderem in Belgien als "Regularisierung" bezeichnet. Konkret: Ein Mensch, der illegal in Belgien lebt, kann unter gewissen Umständen doch ein Bleiberecht bekommen. In der Regel handelt es sich hier um Personen, die in der Vergangenheit schon einmal einen Asylantrag gestellt haben, der dann aber abgelehnt wurde. Als Konsequenz wurden sie des Landes verwiesen, sind dieser Order aber nicht nachgekommen. Entsprechend halten sie sich dann illegal im Land auf. "Nun, manchmal machen wir da eine Ausnahme", führt Mahdi in der VRT aus. "Manchmal schauen wir uns die Akte einer Person nochmal genauer an und entscheiden dann aufgrund "humaner" Gesichtspunkte, ob wir nicht doch eine Ausnahme machen können."
Genau diese Ausnahmeregelung hatten vor gut einem Jahr 516 Menschen für sich beansprucht: Sie wollten "regularisiert" werden. Diese 516 Personen hatten die Brüsseler Beginenkirche besetzt. Nach einigen Wochen traten viele der Besetzer in einen Hungerstreik. Dramatische Bilder gingen durch die Presse, Bilder von ausgemergelten Menschen, von denen sich einige sogar den Mund zugenäht hatten. Im Juli vergangenen Jahres spitzte sich die Lage derartig zu, dass man den Tod des einen oder der anderen Hungerstreikenden nicht mehr ausschließen konnte. Für diesen Fall drohten die linken Koalitionsparteien aber mit dem Sturz der Regierung. Quasi auf Messers Schneide gelang es Staatssekretär Mahdi dann doch noch, die Hungerstreikenden dazu zu bringen, ihre Aktion zu beenden.
Individuelle Prüfung
Er habe da aber keinen halbseidenen Deal geschlossen, betonte Mahdi am Freitagmorgen noch einmal. "Ich verbiege nicht das Recht, nur weil einige Menschen aufhören zu essen oder zu trinken", sagt der CD&V-Politiker. Denn, wenn er das tue, "dann bekommen wir Hungerstreiks in allen Kirchen des Landes". Was hat Mahdi also gemacht? Er hat den Menschen versprochen, dass ihre Anträge auf Regularisierung individuell geprüft würden. Also, dass jede einzelne Lebenssituation noch einmal gesondert unter die Lupe genommen würde. "Das aber ohne Erfolgsgarantie", hatte Mahdi schon seinerzeit, im Juli 2021, immer wieder betont.
442 Anträge gingen damals ein. Sie betrafen 516 Personen. Inzwischen kennt man den Ausgang: 55 Gesuche auf Regularsierung wurden angenommen. Diese Gesuche betreffen 90 Personen. Heißt also: Nur rund ein Sechstel der Hungerstreikenden von damals bekommt ein Bleiberecht.
Falsche Hoffnungen gemacht
In ersten Reaktionen gaben sich Sprecher der Kirchenbesetzer enttäuscht. Ihnen seien damals falsche Hoffnungen gemacht worden.
Staatssekretär Mahdi will diese Kritik aber nicht so stehen lassen. Er habe damals schon sehr deutlich gemacht, dass die Regeln eben nicht verbogen würden. Er kenne die Argumente der Kritiker: "Sie glauben, dass es reicht, fünf oder zehn Jahre in Belgien zu sein, um ein Bleiberecht zu bekommen. Nun, wenn das so wäre, was sage ich denn Menschen, die abgeschoben werden und eine Order bekommen, das Land zu verlassen?"
Anders gesagt: Wenn sich herumsprechen würde, dass man sich nur ein paar Jahre illegal verstecken muss, um ein Bleiberecht zu bekommen, dann würde das jeder tun. Eine neue allgemeine Regularisierungsaktion wie in den 2000er Jahren werde es nicht geben. Er hoffe denn auch, dass verschiedene Parteien jetzt endlich aufhörten, den illegal in Belgien lebenden Menschen falsche Hoffnungen zu machen, sagt Mahdi. Es sei seine Aufgabe, da klare Grenzen zu ziehen. Denn diese falschen Hoffnungen haben schon zu vielen Menschen wehgetan.
Roger Pint