Das Ziel des föderalen Mobilitätsministers Georges Gilkinet lässt sich eigentlich in einem recht kurzen Satz zusammenfassen: Mehr Menschen und Güter auf die Schiene bringen. Beim Personenverkehr etwa will der Ecolo-Minister den Anteil der Bahn von jetzt acht Prozent in den kommenden rund zwei Jahrzehnten fast verdoppeln auf 15 Prozent. Im gleichen Zeitraum soll der Anteil am Güterverkehr von jetzt zwölf auf dann 20 Prozent steigen. Aber in seiner "Bahnvision 2040", die der föderale Ministerrat am Freitag abgesegnet hat, steht viel mehr drin.
Heute habe man den Zug von morgen auf die Schienen gesetzt, lobte Gilkinet. Zum allerersten Mal verfügten nun die Bahnbetriebe und alle Betroffenen über einen schrittweisen und langfristigen Plan, dessen Ziel es sei, den Kunden ein optimales Angebot bieten zu können. Das sei eine Premiere in der Geschichte der belgischen Bahn.
Man habe einen klaren Kurs gebraucht - den gebe es jetzt. Es sei ein ehrgeiziger Kurs, so Gilkinet in der RTBF. Nach all den Jahren fehlender Investitionen und Mittel habe die Föderalregierung jetzt den Ehrgeiz gezeigt, der notwendig sei, um aus der Bahn das Rückgrat der Mobilität von morgen zu machen.
Geplante Maßnahmen
Dieser "Ehrgeiz" drückt sich in gleich einer ganzen Reihe von geplanten Maßnahmen aus. Mindestens vier Züge pro Stunde rund um die großen Städte, zwei pro Stunde in allen anderen Bahnhöfen, sodass man schnell den Zug nehmen könne, führte der Mobilitätsminister in der VRT aus. Um den Zug nehmen zu können, braucht man aber auch noch etwas anderes: zugänglichere Züge - und Bahnhöfe. Deswegen investiere man bereits jetzt in die Infrastruktur, etwa in mehr Parkplätze für Fahrräder und Autos. Die Bahnhöfe sollen auch "lebendiger" werden.
Aber damit nicht genug: Es soll auch einen integrierten Fahrplan geben, damit die Passagiere schnell und verlässlich umsteigen können und ein attraktiveres Tarifsystem. Auch das Informationssystem für Reisende soll verbessert werden.
Gilkinet blickt aber auch über die Grenzen Belgiens hinaus: Durch einen Ausbau der internationalen Nachtzug- und Hochgeschwindigkeitsverbindungen in die europäischen Hauptstädte etwa soll Brüssel als natürliche Drehscheibe des Schienenverkehrs gefördert und eine Alternative zum Fliegen geboten werden.
Auf Bedürfnisse und Wünsche von Betrieben eingehen
Was den Güterverkehr angeht, so verspricht der Mobilitätsminister, in Zukunft besser auf die Bedürfnisse und Wünsche von Betrieben einzugehen, die die Schiene nutzen. Außerdem soll das belgische Schienennetz auch fit gemacht werden für die von Europa vorgesehene Liberalisierung des Schienenverkehrsmarktes.
Wie es sich für einen Grünen-Spitzenpolitiker gehört, darf natürlich auch ein anderer Fokus nicht fehlen: Nicht nur soll die Bahn eine Vorreiterrolle einnehmen in puncto mehr Rücksicht im täglichen Betrieb auf die Umwelt und die Biodiversität, sie soll auch nachhaltiger werden durch die vollständige Umstellung auf grüne Energie, so das Versprechen.
Masterplan für Schienenfrachtverkehr
Die "Bahnvision 2040" ist aber nur ein Element der globaleren "Zug-von-morgen"-Strategie. Diese umfasst diverse Schritte. Die nächsten wichtigen davon sind die bis Ende des Jahres geplanten Neuverhandlungen des Geschäftsführungsvertrags mit der SNCB beziehungsweise des Leistungsvertrags mit Schienennetzbetreiber Infrabel, die mehrjährigen Investitionspläne sowie der Masterplan für den Schienenfrachtverkehr.
Dann ist da noch die nicht ganz unwichtige Kleinigkeit, dass die Kosten für Gilkinets Pläne noch nicht beziffert worden sind, von einer Einplanung in den Haushalt ganz zu schweigen. An potenziell langwierigen Baustellen auf Gilkinets Zugverbindung in die Zukunft mangelt es also wahrlich nicht.
Natürlich sei die Zukunft der Bahn eine große Herausforderung, räumte der Minister auch ein. Der Weg dorthin werde Schritt für Schritt gemacht werden, das sei nichts, das von heute auf morgen erreicht werden könne. Aber schließlich sei die Bahnvision auch erst am Freitag beschlossen worden. Aber der Kurs sei klar, betonte er.
Umweltverbände begrüßen "Bahnvision 2040"
Verschiedene Umwelt- und Mobilitätsverbände zeigen sich zufrieden mit der Richtung, die die Föderalregierung zukünftig in puncto Schienenverkehr einschlagen will. Die "Bahnvision 2040" stelle den Weg vorwärts dar, teilten die Umweltschutz- und Mobilitätsverbände Greenpeace, Inter-Environnement Wallonie, Bond Beter Leemilieu, Netwerk Duurzame Mobiliteit, Integrato und TreinTramBus per gemeinsamem Kommuniqué mit.
Greenpeace betonte, wie essenziell ein qualitativ hochwertiger öffentlicher Verkehr sei, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen abzubauen. Investitionen in die Bahn bedeuteten deswegen Investitionen in die Zukunft.
Als Verbrauchervereinigung sei man glücklich über die Entscheidung der Föderalregierung, so Kees Smilde, Sprecher von TreinTramBus gegenüber der VRT. Denn der Plan betone erneut die zentrale Rolle der Bahn als Rückgrat des öffentlichen Verkehrs. Man hoffe, dass die Föderalregierung jetzt auch die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen werde für den Unterhalt und die Modernisierung der Bahn.
Bessere und verlässlichere Zugverbindungen könnten die Schiene endlich zu einer echten und vollwertigen Alternative zum Frachtverkehr auf der Straße machen, so wiederum die Hoffnung eines Experten des Bond Beter Leefmilieu.
Boris Schmidt