Die Corona-Pandemie steht schon seit zweieinhalb Jahren weltweit im Fokus der Gesundheitspolitik. Das hat sehr viel Geld und Aufmerksamkeit verschlungen: Ressourcen, die an anderer Stelle eingespart wurden - mit fatalen Folgen für die Impfprogramme, gerade in ärmeren Ländern.
WHO: Basis-Impfprogramme stark zurückgeworfen
Die WHO sagt dazu, dass die Corona-Pandemie die Basis-Impfprogramme um zehn Jahre zurückgeworfen hat. 2020, im ersten Pandemie-Jahr mit langen Lockdown-Phasen in vielen Ländern, haben 23 Millionen Kinder nicht ihre Grundimmunisierung erhalten - die erste Impfung gegen zum Beispiel Polio, Masern, Röteln und vieles mehr. Das ist die höchste Zahl seit 2009.
Laut WHO gibt es klare Anzeichen dafür, dass größere Masernausbrüche bevorstehen. Dazu muss man sich nur die Zahlen anschauen: Alleine in den ersten beiden Monaten dieses Jahres wurden 17.300 Masernfälle gezählt - 80 Prozent mehr gegenüber dem letzten Jahr.
Bis vor Kurzem war unser soziales Leben eingeschränkt, etwa durch Masken und Abstandsregeln. Jetzt, wo die Maßnahmen praktisch in allen Lebensbereichen aufgehoben worden sind, sieht man auch diesen sprunghaften Anstieg von Masernfällen. Diese Kombination aus fehlendem Impfschutz einerseits und sorgloseren Kontakten andererseits hilft dem Masernerreger dabei, sich auszubreiten. Das gilt natürlich auch für andere Erreger.
Situation auf Belgien bezogen
In Belgien ist die Masernimpfquote ziemlich hoch. Zumindest die erste Impfung im Babyalter haben 95 Prozent der Bevölkerung laut Sciensano. Mit der zweiten Spritze sieht es schon nicht mehr ganz so gut aus - die haben nur 85 Prozent erhalten. Dennoch steht nicht zu befürchten, dass die Masern sich hierzulande epidemiehaft ausbreiten werden. Gesundheitsexperten gehen eher von Cluster-Ausbrüchen aus, also größeren Ausbrüche innerhalb einer Gruppe ohne ausreichenden Impfschutz.
Alle, die keinen ausreichenden Impfschutz haben, können sich anstecken - Kleinkinder, die noch nicht geimpft wurden oder Jugendliche und Erwachsene, bei denen die zweite Impfung versäumt wurde oder auch ältere Menschen, die vielleicht nie geimpft wurden. Denen raten Experten wie der Vakzinologe Pierre Van Damme dazu, das nachzuholen.
Der Krieg in der Ukraine verschärft die Situation noch zusätzlich. Dort ist die Impfquote deutlich niedriger. Angesichts der katastrophalen hygienischen Bedingungen beispielsweise im belagerten Mariupol ist es sehr wahrscheinlich, dass sich Infektionskrankheiten dort ausbreiten. Umgekehrt sind schon Hunderttausende Menschen vor den Bomben ins Ausland geflohen. Deswegen hatten Experten angeregt, diesen Menschen ein Basis-Impfangebot zu machen - zu ihrem und aller Schutz.
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