Die Vivaldi-Koalition war bekanntermaßen mit vielen hehren Zielen an den Start gegangen. Eines davon: Durch die verstärkte Bekämpfung von Sozial- und Steuerbetrug sollen eine Milliarde Euro zusätzlich in die Staatskasse fließen.
Um diesem Ziel näher zu kommen, hatte Finanzminister Vincent Van Peteghem im Juni letzten Jahres bereits ein erstes Aktionspaket angekündigt. Darin ging es unter anderem um eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Sondersteuerinspektion und der Justiz, um elektronische Bezahlmöglichkeiten und Kassen und auch um eine verstärkte Überprüfung der Daten von Firmen.
Im Rahmen der Haushaltskontrolle hat sich die Föderalregierung vor Kurzem grundsätzlich auf das zweite Aktionspaket mit rund 25 Maßnahmen geeinigt. Nun müssen sie noch in Gesetzestexte gegossen werden. Die neuen Maßnahmen sollen sich vor allem auf die internationale Dimension des Sozial- und Steuerbetrugs konzentrieren.
Damit schließt sich Belgien entsprechenden Anstrengungen der Europäischen Kommission an. Die arbeitet seit Jahren auf eine verstärkte internationale Zusammenarbeit hin und auf bessere Datenerfassung und Austausch. Hierbei stehen vor allem Praktiken zur Steueroptimierung und -vermeidung mittels Steuerparadiesen im Fadenkreuz.
Längere Fristen
Eine der neuen Maßnahmen soll deshalb den Zugang zum und die Nutzung des sogenannten "UBO"-Registers verbessern. "UBO" steht für "Ultimate Beneficial Owners", also den letztendlich nutznießenden Besitzer einer Firma. In dieses Register sollen sich Firmen eintragen lassen, die zwar auf belgischem Territorium Immobilien besitzen, aber nicht hier steuerlich gemeldet sind. Dadurch sollen komplizierte grenzübergreifende Firmenkonstrukte leichter durchleuchtet werden können.
Große Steuerbetrüger nähmen heute oft die Hilfe von Spezialisten in Anspruch, erklärte der Finanzminister gegenüber der VRT. Mit deren Hilfe bauten sie dann möglichst komplexe Firmenkonstrukte auf. Die zu entwirren und gründlich zu untersuchen, sei innerhalb der heute geltenden Fristen oft schwierig.
Um das Risiko einer Verjährung zu reduzieren, habe man deshalb beschlossen, die Bearbeitungsfristen unter bestimmten Umständen auf zehn Jahre zu verlängern. Das soll etwa komplizierte Steuererklärungen oder internationale Firmenkonstrukte betreffen. Bisher waren es maximal sieben Jahre. Das werde auch im Ausland so gehandhabt, unterstrich Van Peteghem.
Neue Sanktionsmöglichkeiten
Der Finanzminister will aber auch härter vorgehen gegen Betriebe, die den Betrugsuntersuchungen aktiv Steine in den Weg legen. Darunter fällt etwa das Verwehren des Zugangs zu Gebäuden. Oder das Abschalten des Stroms in Gebäuden, um Ermittler daran zu hindern, Zugang zu Informatiksystemen und Computerdaten zu bekommen. Bei solchen Sabotageversuchen soll Betrieben künftig ein richterlich beschlossenes Zwangsgeld drohen können. Auf diese Weise sollen die Untersuchungen effizienter und schneller werden.
Auch anderweitig soll in Zukunft mit härteren Bandagen gekämpft werden: So soll der Fiskus dann auch die Guthaben von Betrügern im Ausland beschlagnahmen lassen können. Die Geldwäsche und der Betrug mittels Immobiliengesellschaften soll auch deutlich erschwert werden. Bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode müsse den Betrügern unmissverständlich klargemacht werden, dass ihre Machenschaften Folgen hätten, betonte der Finanzminister.
Der Kampf gegen Betrug sei im Interesse der gesamten Gesellschaft. Er gehe von rund 71 Milliarden Euro Schwarzgeld pro Jahr aus, für die kein Cent an Steuern bezahlt werde. Diese Einkünfte fehlten dem Staat auch in Krisenzeiten, etwa, um Familien unterstützen zu können. Jeder Euro, der durch die Aufdeckung und Ahndung solcher Betrügereien in die Staatskasse komme, bedeute auch einen Euro weniger Steuern für die Bürger.
Wer Steuerbetrug oder -vermeidung begehe, sorge für einen ungerechtfertigt hohen Druck auf die Mittelklasse, führte Van Peteghem weiter aus. Das könne er nicht hinnehmen. Der Kampf gegen Steuerbetrug sei also nur gerecht angesichts all der Menschen, die ehrlich und pünktlich ihre Steuern entrichteten.
Boris Schmidt