Die neue Maßnahme der britischen Regierung ist Teil einer Strategie gegen Fettleibigkeit. Ob es langfristig hilft, ist nicht ganz klar, denn es gibt laut Experten nur wenige gute Studien zu diesem Thema. Aber eine bessere Aufklärung in Sachen Kalorienzufuhr könne nützlich sein.
Das Problem ist, sozioökonomisch besser gestellte Menschen, bei denen Fettleibigkeit seltener vorkommt, haben meist auch mehr Wissen über Ernährung. Diejenigen, die man erreichen möchte, sind hauptsächlich Menschen aus schwierigen sozioökonomischen Verhältnissen. Und das funktioniert angeblich gut, wenn man die Zahl der Kalorien angibt.
Außerdem zwingt man die Lebensmittelindustrie zu mehr Transparenz.
Befürchtungen
Kritiker befürchten aber, dass es unerwünschte Nebenwirkungen haben könnte, auch bei Menschen mit Essstörungen. Die Argumentation lautet, dass man durch die Verwendung eines Kalorienzählers Menschen in ihrer Essstörung zusätzlich schadet. Einem Magersüchtigen zum Beispiel würde es leichter fallen, seine Kalorienzufuhr zu reduzieren.
Es gibt aber auch Widerspruch. Einerseits sind diese Patienten in der Regel so gut informiert, dass sie die Informationen auch anderswo finden können. Bislang gibt es auch nur wenige Hinweise darauf, dass dies tatsächlich Essstörungen auslöst oder verschlimmert. Andererseits kommt Fettleibigkeit viel häufiger vor als Magersucht. Mehr als 50 Prozent der Belgier sind übergewichtig und etwa 20 Prozent sind fettleibig, sagt Adipositas-Experte Bart Van der Schueren vom Universitätskrankenhaus Löwen.
Die Maßnahme wurde bereits 2018 in den USA eingeführt. Dort steigt die Fettleibigkeit jedoch weiter an. Bart Van der Schueren sagt aber, dass man die Wirkung von solchen Präventionsmaßnahmen langfristig sehen muss. Die meisten Übergewicht-Patienten hätten kaum eine Vorstellung davon, wie viele Kalorien Fertiggerichte enthalten. Daher sei es nicht unlogisch, sie zu erwähnen.
Bald auch in Belgien?
Adipositas-Experte Bart Van der Schueren geht davon aus, dass die Maßnahme auch mal in Belgien kommen wird. Bislang sei Belgien aber kein Vorreiter in der Adipositas-Prävention. Seiner Meinung nach, müsse man aber etwas in diese Richtung unternehmen.
In Fast-Food-Restaurants sei das sicherlich einfach, denn dort gibt es eine große Standardisierung der Mahlzeiten. In einer Brasserie oder einem kleineren Restaurant ist das natürlich schwieriger. Es bedeute aber auch nicht, dass man nie wieder etwas Kalorienreiches essen darf. Was den Genuss angeht, sagt Bart Van der Schueren aber, dass Fettleibigkeit für den einzelnen eine größere Qual sei, als die Kalorien auf einer Karte zu entdecken.
Wichtig seien aber auch mehr Aktionen in den Schulen. Ein fettleibiges Kind habe eine 85-prozentige Chance, auch als Erwachsener fettleibig zu sein.
demorgen/mz