Bei der Tierschutzeinheit, der l'Unité du Bien-être animal - kurz UBEA, konnte bislang jeder eine Klage per Online-Formular einreichen. Die wallonische Tierschutzministerin Céline Tellier ist aber nicht mehr zufrieden mit dem Angebot. Sie ist der Meinung, dass dort zu viele "falsche Beschwerden" eingehen. Damit sind Beschwerden gemeint, die auf Nachbarschaftsprobleme zurückzuführen sind. Dann heißt es oft: "Der Hund des Nachbarn bellt die ganze Zeit". Solche sogenannten falschen Beschwerden würden die Tierschutzeinheit mit unnötiger Arbeit belasten.
Deshalb müssen sich Bürger ab dem 1. Juli an eine Hotline der Wallonischen Region richten. Das ist die Nummer 1718. Das Call-Center leitet die Beschwerde an die zuständige örtliche Polizei weiter. Die muss dann schauen, ob der Hinweis begründet ist und falsche Beschwerden aussortieren.
Die Tierschutzeinheit soll dadurch entlastet werden und sich vor allem um systematische Tierquälerei größeren Ausmaßes oder komplexe Fälle kümmern, wie zum Beispiel in Laboren für Tierversuche, in Schlachthöfen oder bei Hundezüchtern.
Ins Abseits gedrängt
Die Tierschutzeinheit ist der Meinung, dass sie chronisch unterbesetzt ist. Vor fünf Jahren haben da noch 17 Personen gearbeitet. Heute sind es nur noch 10,5.
In Flandern sind es aber 30. Man befürchtet, dass der Dienst ganz abgeschafft werden soll, und am Ende nur noch die Polizei zuständig ist, die aber nicht immer das Expertenwissen hätte.
Der Dienst fühlt sich ins Abseits gedrängt, weil die Beschwerden nicht mehr direkt angenommen werden können. Eine Mitarbeiterin der Tierschutzeinheit sagte der Sudpresse-Zeitungsgruppe anonym, dass man so den Weg für Tierquälerei freimache.
"Ich befürchte, dass es zu missbräuchlichen Beschlagnahmungen kommen könnte", erklärte die anonyme Quelle. "Auf kommunaler Ebene reagieren die Bürgermeister oft unter dem Druck der öffentlichen Meinung oder unter dem Druck von Tierheimen, die sich nach Medienpräsenz und den damit verbundenen Spenden sehnen. Es reicht nicht aus, zu sagen, dass das Tier unglücklich aussieht, um es zu ergreifen, oder dass ein Pony deformierte Hufe hat! In unserer Abteilung werden die Dinge objektiv analysiert. Es gibt Normen, Gehegegrößen und mehr. Wenn das Tier krank oder verletzt ist, fragen wir beim Tierarzt nach, ob es in Behandlung ist. Wir sind keine Fundamentalisten in Sachen Tierschutz!"
Neue Arbeitsteilung
Der Dienst traut es der Polizei nicht zu, Tierquälerei zu ahnden oder zu unterbinden - aber vor allem aus Zeitgründen. Die anonyme Mitarbeiterin der Tierschutzeinheit sagt, dass die Polizei schon so genug zu tun habe und ausgelastet sei.
Polizisten können ab Juli zwar auch wie die Tierschutzeinheit oder ein Bürgermeister Tiere beschlagnahmen lassen. Aber "wohin damit?", ist dann gleich die erste Frage. Dann kann die Polizei in ländlichen Gegenden nicht auf einen hauseigenen Tierarzt zurückgreifen, was die Polizei in Lüttich und Charleroi zum Beispiel wohl kann.
Die Tierschutzeinheit ist der Ansicht, dass diese Arbeitsteilung für Verwirrung in der Verwaltung und beim Bürger sorgen kann. Die Ministerin ist davon überzeugt, dass die Tierschutzeinheit so unterstützt wird und alle Beschwerden erst mal zentral eingehen und besser koordiniert werden.
sudpresse/mz