Fest steht bisher, dass am frühen Sonntagmorgen gegen fünf Uhr ein Auto auf einer Straße in der Teilgemeinde von La Louvière im Hennegau in eine Gruppe Karnevalisten gefahren ist. Sechs Todesopfer sind zu beklagen, zehn Menschen wurden schwer und über 20 weitere leicht verletzt. Zwei Personen sitzen seitdem in Untersuchungshaft.
Bereits am Sonntag wurden der Tatort und auch das Kollisionsfahrzeug untersucht. Diese Ermittlungen laufen weiter, wenn auch nicht mehr direkt am Ort des Geschehens. Daneben müssen aber auch Überwachungskameras ausgewertet, Zeugen befragt und zum Beispiel Posts in den sozialen Medien und viele andere Daten ausgewertet werden.
Eine Deadline gibt es derweil zumindest: 48 Stunden lang können Personen in Untersuchungshaft bleiben, bevor Haftbefehl erlassen werden muss. Sonst müssen die Personen eben wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Diese Frist läuft Dienstagfrüh um fünf Uhr aus.
Noch sind die beiden Insassen des Fahrzeugs der zuständigen Untersuchungsrichterin, die darüber entscheiden muss, aber wohl noch nicht vorgeführt worden. Solange nicht über Haft oder zumindest vorläufige Freilassung entschieden ist, wird aber auch nicht bekanntgegeben, ob Anklage erhoben wird - und wenn ja, weswegen. Denn potenziell ist da aktuell alles vorstellbar, von Totschlag bis hin zu schwerem Eingriff in den Straßenverkehr mit Todesfolge. Entsprechend stark könnte bei einer Verurteilung natürlich auch das Strafmaß schwanken.
In diesem Kontext ist es dann auch wenig überraschend, dass sich die Staatsanwaltschaft noch sehr bedeckt hält. Ein weiterer Grund könnte möglicherweise auch sein, dass man die schon sehr gespannte Lage in La Louvière nicht weiter anheizen möchte: Laut dem örtlichen Bürgermeister, Jacques Gobert, wächst dort nämlich die Wut auf die mutmaßlichen Täter immer weiter, je mehr Details oder angebliche Details und Gerüchte über sie und den Vorfall bekanntwerden. Es soll sogar schon offene Vergeltungsdrohungen gegen die zwei Männer gegeben haben, die in der Gegend wohnen und entsprechend bekannt sind.
Schon sehr früh ausgeschlossen wurde von den Ermittlern ein terroristischer Hintergrund. Die wohl im Moment wichtigste Frage ist denn auch, ob das Fahrzeug absichtlich in die Menschenmenge gelenkt worden ist oder ob es sich um einen Unfall handelt.
In der Straße in Strépy, in der die Kollision mit der Karnevalistengruppe stattgefunden hat, gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde, erklärte der Generalprokurator von Mons, Ignacio de la Serna, in der VRT. Anscheinend – das untersuche man noch und müsse deshalb vorsichtig bleiben – sei das Fahrzeug aber schneller gefahren. Erstaunlich sei neben der Geschwindigkeit auch die Abwesenheit von Bremsspuren.
Glücklicherweise handele es sich um ein neues Fahrzeug mit sehr viel Elektronik an Bord. Mithilfe dieser Elektronik werde man herausfinden, mit welcher Geschwindigkeit das Fahrzeug unterwegs gewesen sei und ob und wann gebremst oder beschleunigt worden sei.
Die nächste wichtige Frage ist dann, ob und welche Drogen bei dem Vorfall im Spiel gewesen sein könnten. Vor der Kollision sollen die Fahrzeuginsassen ja in einer Diskothek gefeiert haben: Wie der Prokurator des Königs von Mons, Christian Henry, in der RTBF bestätigte, ist ein erster Alkoholtest positiv ausgefallen.
Man habe aber auch weitere Bluttests in Auftrag gegeben, so Generalprokurator de la Serna. Die Proben würden nicht nur auf Alkohol, sondern auch auf andere Drogen wie etwa Kokain und Ecstasy untersucht werden. Mit diesbezüglichen Ergebnissen sollte man aber wohl nicht zu schnell rechnen: Wie lange das dauern werde, hänge vom Labor ab. Er rechne innerhalb einiger Tage mit einem Ergebnis, so de la Serna.
Letzter gesicherter Punkt: Einer der beiden Fahrzeuginsassen sei bereits 2017 wegen eines Verkehrsverstoßes verurteilt worden, bestätigte Damien Verheyen, Staatsanwalt in Mons, gegenüber der RTBF. Er könne aber heute nicht sagen, welcher der beiden und wofür. In bestimmten Fällen könne das Polizeigericht anordnen, dass zur Wiedererlangung des Führerscheins verschiedene Prüfungen abgelegt werden müssten. Es habe sich also wahrscheinlich um relativ schwere Verstöße gehandelt, so der Staatsanwalt weiter.
Boris Schmidt