Die Frage- und Antwortstunde in der Kammer hielt das, was man von ihr erwarten konnte. Viele Fragen zum Thema Energie. Und da drehte es sich um zwei Dinge: Zum einen um das Maßnahmenpaket, das die Regierung am Montagabend beschlossen hatte. Zum anderen um das Maßnahmenpaket, das die Regierung eventuell am Freitag schon schnüren könnte.
Der Rückblick auf die Maßnahmen von Montag fiel ebenfalls wie zu erwarten aus: Kritik der Opposition, dass die Hilfen für die Bürger zum Bezahlen der hohen Energiepreise zu wenig seien, zeitlich begrenzt und überhaupt viel zu spät gekommen seien.
Antwort der Regierung aus dem Mund von Premier Alexander De Croo und Energieministerin Tinne Van der Straeten: Die Maßnahmen sind gut. Man habe richtig viel Geld in die Hand genommen. Um strukturelle Maßnahmen, die langfristig solche Situationen wie aktuell verhindern sollen, kümmere man sich jetzt am Freitag. Oder vielleicht erst ab Freitag? Das war die große Frage, die nach den fünf Minuten Sprechzeit von Energieministerin Van der Straeten die Runde machte.
Zuvor hatte schon Bert Wollants von der N-VA darauf hingewiesen, dass nach seinen Informationen Van der Straeten den berühmten Plan B bislang noch gar nicht bearbeitet habe. Dieser Plan B sieht die Verlängerung der Laufzeit von zwei Atommeilern vor. Plan A – der komplette Atomausstieg – und Plan B hätten eigentlich zur gleichen Zeit bearbeitet werden sollen. So habe es am Anfang der Regierungszeit geheißen. An De Croo gewandt sagte Wollants: "Und 500 Tage später, mehr als 500 Tage später sagt ihre Energieministerin jetzt: Ja, das werde ich mal prüfen".
Noch lachten da einige im Saal. Doch dass Wollants mit dieser Einschätzung sehr Recht hatte, gab Van der Straeten etwas später – natürlich nur indirekt – selbst zu. "Ich kann bestätigen, dass wir Kontakte zu Engie, also den Betreiber der Atomkraftwerke, haben und uns über die Frage der Verlängerung von 2 Gigawatt mit Engie austauschen", sagte die Ministerin. Sie fügte hinzu: "Zurzeit gibt es noch kein Mandat für Verhandlungen mit Engie. Das wird auch morgen auf dem Tisch der Regierung liegen".
Das ließ aufhorchen. François De Smet, Chef von DéFI, kam direkt auf diese Äußerungen zu sprechen und führte den Gedankengang dann logisch weiter. "Es gibt noch keine Verhandlungen mit Engie. Vielleicht wird also morgen die Regierung ein Mandat für Verhandlungen mit Engie beschließen. Anders ausgedrückt: Morgen wird es immer noch keine klare Antwort geben über die Verlängerung, ja oder nein, der Laufzeit von zwei Kernreaktoren", sagte er.
Und als ob das noch nicht genug gewesen sei, fügte De Smet hinzu: "Wir werden weitermachen mit den 'vielleicht', den 'wenn', den 'man wird sehen'. Ich weiß nicht, wie lange das noch so weiter gehen kann".
Zumindest steht jetzt ein Fragezeichen hinter der Annahme, dass am Freitag tatsächlich die Verlängerung der Atomkraft in Belgien entschieden wird. Oder besser gesagt: Entschieden werden kann. Und wenn es tatsächlich an der bisherigen Untätigkeit der grünen Energieministerin gelegen haben sollte, kann man sich durchaus vorstellen, dass das zu neuem Krach in der Vivaldi-Koalition führen könnte.
Atomenergie: Energieministerin Van der Straeten plant mit Verlängerung
Kay Wagner