Es ist die zweite traditionelle Partei, die nach den schlechten Ergebnissen der Föderalwahlen von 2019 ihren Namen ändert. Zur Erinnerung: Die flämischen Sozialisten heißen jetzt nicht mehr SP.A, sondern "Vooruit".
Und Maxime Prévot, Bürgermeister von Namur und bis Samstag noch Vorsitzender der CDH, erinnerte am Montagvormittag im Radio der RTBF noch einmal selbst daran, dass es die Wahlen von 2019 waren, die die jetzt vollzogene Veränderung angestoßen hatten. "Wir haben einen Tritt in den Hintern bekommen bei den Wahlen 2019", so Prévot. "Da haben wir ein Ergebnis erzielt, das uns dazu gebracht hat, würdevoll die Konsequenzen daraus zu ziehen. Wir wollten zeigen, dass wir die Botschaft der Wähler verstanden haben und wollten uns deshalb neu erfinden."
Bruch mit der Vergangenheit
Der Tritt in den Hintern, das war das schlechteste Wahlergebnis der Zentrumshumanisten überhaupt in ihrer Geschichte. Neu erfinden wollte sich die Partei, indem sie bei den Menschen nachgefragt hat, was sie denn von einer politischen Bewegung erwarten. Das Ergebnis ist ein Bruch mit der Vergangenheit, der zumindest nach außen hin ziemlich deutlich ausfällt.
Die Rückbesinnung auf die christlichen Fundamente der Partei sind komplett verschwunden. Nicht nur aus dem Namen "Les Engagés", sondern auch aus dem Programm. Das traditionelle Orange als Farbe der Zentrumshumanisten ist der Farbe Türkis gewichen. Das Logo von "Les Engagés" hat nichts mehr mit dem Logo der CDH zu tun. Und überhaupt will die Partei sich nicht mehr als politische Partei verstehen, sondern als Bewegung.
Das alles ist natürlich Programm. Am Rande der letzten Versammlung der CDH am Samstag in Brüssel, auf der die Neuerungen alle vorgestellt wurden, sagte Prévot: "Wir haben politische Parteien, die sich im Modus der geplanten Obsoleszenz befinden. Die traditionellen Parteien verteidigen mehr ein Erbe, als dass sie eine Zukunft verkörpern, und die Utopien und Herausforderungen von morgen".
Bewegung statt Partei
Durch die Bezeichnung als "Bewegung" wollen "Les Engagés" verdeutlichen, dass sie die Zeichen der Zeit verstanden haben. In starren Doktrinen wollen sie nicht verharren, sondern ständig die eigenen Positionen überdenken und möglicherweise verändern. Jedes Jahr - so das Projekt - sollen fünf Thematiken des gesellschaftlichen Lebens ausgewählt und zur Diskussion gestellt werden.
"Ich möchte die vertikalen Parteistrukturen verlassen und viel mehr horizontal arbeiten", sagt Prévot. "Das soll so weit gehen, dass wir unsere Ideen aus den ganz normalen Erfahrungen der Menschen in ihrem Alltag beziehen. Die haben nämlich oft das Gefühl, dass die Entscheidungen der Politiker nichts mit ihrem Alltag zu tun haben."
Die Arbeit von "Les Engagés" soll sich an sechs Leitlinien orientieren. Dabei soll es immer um Erneuerung gehen, um das Regenerieren, wie Prévot erklärt. Regenerieren des Lebendigen, der Kultur, des Wohlstandes, des sozialen Zusammenhalts, der Freiheiten und der Demokratie.
Programm
Konkrete Programmpunkte sind in einem 170 Seiten umfassenden Manifest der Bewegung auch schon ausformuliert. So wollen "Les Engagés" zum Beispiel Referenden ermöglichen und in der Verfassung festschreiben, die Leistungen für Arbeitslose zeitlich beschränken, die ersten 100.000 Euro, die junge Menschen mit ihrem ersten Beruf verdienen, steuerfrei gestalten. "Damit sie ihren Start ins Leben einfacher gestalten können", begründet Prévot.
Für den verstärkten Kampf gegen Steuerbetrug sollen 3.000 neue Mitarbeiter vom Staat eingestellt, die Mandate für einen Ministerposten auf zwei beschränkt werden, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse auf 0 Prozent fallen.
Noch ist das alles nicht beschlossen. Am 14. Mai soll dieses Manifest der "Les Engagés" bei einer weiteren Versammlung verabschiedet werden. Bis dahin bleibt es offen für Ergänzungen. Im Juni soll dann die Führungsriege der Bewegung gewählt werden. Und in der politischen Arena wollen sich die ehemaligen Zentristen der CDH als "Les Engagés" dann nach der Sommerpause so richtig profilieren. Mit neuem Namen, neuen Ideen, und neuen Erfolgen bei den Wahlen - wie sie hoffen.
Kay Wagner