Der Sciensano-Bericht für die zweite Januarhälfte beziffert die Gesamtzahl an Menschen, die mit Covid in belgische Krankenhäuser aufgenommen worden sind, auf knapp unter 4.000. Bei 823 von ihnen handelte es sich demnach um Kinder bis zu einem Alter von elf Jahren. Das entspricht rund einem Fünftel der Gesamt-Covid-Aufnahmen – also doch eine beträchtliche Gruppe.
Ein anderer Befund ist allerdings noch besorgniserregender: Setzt man die Krankenhausaufnahmen ins Verhältnis zu den positiv ausgefallenen Tests, dann landen 0,8 Prozent der bestätigt infizierten Kinder im Krankenhaus. Unter ein Prozent klingt zwar nicht nach viel, aber man muss das mit den anderen Altersgruppen vergleichen: Bei den 12- bis 17-Jährigen sind es nämlich nur 0,1 Prozent, also acht Mal weniger. Bei den Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren sind es 0,3 Prozent, also immer noch weniger als die Hälfte der Null- bis Elfjährigen.
Bei den Krankenhausaufnahmen junger Kinder handele es sich oft um eine Vorsichtsmaßnahme, wird aber der Sciensano-Virologe Steven Van Gucht in der Zeitung De Standaard zitiert. Also etwa Kinder, die hohes Fieber oder starken Husten hätten. Die meisten von ihnen könnten das Krankenhaus bereits nach einigen Tagen wieder verlassen, ernstere Verläufe seien glücklicherweise sehr selten.
Diese global betrachtet eher milden Verläufe schlagen sich natürlich auch in den Statistiken für die Intensivstationen nieder: Die jüngste Altersgruppe ist hier mit nur vier Prozent vertreten. Zum Vergleich: 39 Prozent entfallen auf 18- bis 64-Jährige, 45 Prozent auf 65- bis 84-Jährige.
Gründe unklar
Das bestätigte auch die Kinderimmunologin Isabelle Meyts vom Universitätskrankenhaus Löwen: Das Bild bleibe doch mehr oder weniger das gleiche, so Meyts am Morgen bei Radio Eén. In der Regel würden Kinder von Corona weniger krank als Erwachsene. Die Zunahme des Anteils jüngerer Kinder bei den Krankenhausaufnahmen kann aber auch sie bestätigen. Man könne hier von einer Art Verschiebung des Alters der Patienten sprechen.
Die exakten Gründe dafür sind jedoch aktuell nicht wirklich klar. Auf den ersten Blick scheint sich ein Zusammenhang mit dem Impfstatus aufzudrängen. Die Null- bis Elfjährigen sind die Altersgruppe mit dem niedrigsten Impfgrad: 18,4 Prozent von ihnen sind einmal geimpft, nur 6,7 Prozent vollständig. Von den 823 in die Krankenhäuser aufgenommenen Kindern waren nur fünf vollständig geimpft. Auch alle auf den Intensivstationen befindlichen jüngeren Kinder waren nicht vollständig geimpft. Sie denke, dass es noch zu früh sei, um einen Zusammenhang mit dem Impfstatus herzustellen, warnte aber Kinderärztin Meyts.
Das sieht auch der Virologe Marc Van Ranst so: Für belastbare Schlussfolgerungen reichten diese Zahlen nicht aus. Kinder bis fünf Jahre würden überhaupt nicht geimpft und auch bei den bis zu Zwölfjährigen handele es sich noch um eine Minderheit. Das mache es sehr schwierig, Zusammenhänge einzuschätzen.
Internationaler Trend
Allerdings folgt Belgien in dieser Hinsicht dem internationalen Trend: Während der Omikronwelle sind in diversen Ländern die Krankenhausaufnahmen jüngerer Kinder deutlich angestiegen. Man habe festgestellt, dass Omikron sich stärker auf Kinder auswirke als die vorher dominante Deltavariante, so Van Ranst. Außerdem sei Omikron ja wesentlich ansteckender und zirkuliere deswegen stärker. Er erwarte aber, dass die Hospitalisierungen von Kindern wieder sinken würden, wenn die Ansteckungen in der Gesamtbevölkerung zurückgingen.
Auffällig sind im Übrigen auch die Beschwerden, mit denen Kinder wegen Covid ins Krankenhaus kommen. Es handele sich vor allem um grippale Syndrome, so Meyts, zum Beispiel Halsschmerzen, mit Kopfschmerzen, oft auch starke Bauchschmerzen und viel Schleim, wie auch Kinder- und Notarzt Gerlant van Berlaer vom Universitätskrankenhaus Brüssel beobachtet hat.
Während man früher Corona bei Kindern oft nur durch Zufall entdeckt habe, sehe man jetzt mit Omikron doch deutlich schwerere Symptome und habe man sogar Patienten, die nur einige Monate alt seien, so van Berlaer. Das habe es bei vorherigen Wellen so nicht gegeben.
Kinderimmunologin Meyts wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es die Vorsicht gebiete, zu akzeptieren, dass Kinder eben tatsächlich schwer an Covid erkranken könnten. Wenn die Symptome andauerten oder schwer seien, sei es wichtig, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Boris Schmidt