Von Drama, Mitgefühl und tiefer Betroffenheit sprachen die Vertreter aller Parteien am Donnerstag im Parlament. Ein Kind zu verlieren, sei wohl das Schlimmste, was Eltern widerfahren könne. Gleich mehrmals fiel dieser Satz.
Doch dann hörte die Einigkeit auf.
Die DéFI-Abgeordnete Sophie Rohnyi fügte nach ihren Worten der Anteilnahme, die sie ganz natürlich hätte äußern müssen, wörtlich hinzu: „Ich kann aber auch nicht meine Empörung verbergen. Denn wie auch schon bei den anderen großen Dramen unserer Justizgeschichte, bei denen kleine Kinder Opfer wurden, hätte auch dieses Drama verhindert werden können.“
Wie das Drama hätte verhindert werden können, dazu hatte Katleen Bury vom Vlaams Belang eine nicht unbedingt überraschend klare Meinung. An Van Quickenborne gewandt sagte sie: „Schließen sie dieses Risiko aus. Schließen sie diese Menschen weg. Beschützen Sie die Gesellschaft vor solchen monsterhaften Figuren.“
Ähnlich, aber ein wenig moderater, waren die Worte der N-VA-Abgeordneten Sophie De Wit. Auch sie erinnerte daran, dass Dean nicht das erste Opfer sei. Schon mehrere Kinder seien in Belgien ermordet worden. Sie bekäme jetzt viele Anrufe von Eltern, die wissen wollten, wann das denn jetzt endlich aufhöre. Und das sei eine berechtige Frage, meinte De Wit. Denn Verbesserungen seien ja nötig. Da laufe etwas falsch im System. Ein Täter, der wegen Kindesmord verurteilt worden sei, könne einfach so freikommen, nachdem er seine Strafe abgesessen habe. Wie sei das möglich?
Weitaus ruhiger und mit anderen Schlussfolgerungen analysierte Khalil Aouasti von der PS das Geschehen: „Das Drama hat die Dysfunktionalitäten unseres Rechtssystems offengelegt und im Besonderen in unserem Strafvollzug. Denn wir wissen mittlerweile, dass der Beschuldigte seine Verlegung in eine psychiatrische Anstalt beantragt hatte. Das wurde ihm verweigert, weil es keinen Platz gab.“
Es müsse sich also etwas an dem System ändern. Das einfache Wegsperren von psychisch kranken Straftätern bringe nichts, so der PS-Politiker. Sie bräuchten Behandlung. Und das nicht nur während ihrer Haft, sondern auch danach.
Justizminister Vincent Van Quickenborne griff nur zu gerne diesen Gedanken auf. Gleichsam als indirekte Antwort auf die harten Strafmaßnahmen, die die Rednerinnen von Vlaams Belang und N-VA gefordert hatten, sagte der Minister:
„Wir müssen uns verabschieden von dem Schwarz-Weiß-Denken, von der binären Aufteilung von zurechenbar und nicht zurechenbar. Es gibt Menschen, die dazwischen eingeordnet werden müssen.“
Die Antwort auf Dramen, wie die des vierjährigen Dean könnte nicht sein, noch schwerere Strafen zu verhängen, sondern die Strafen besser zu gestalten. Deshalb, so der Minister, „brauchen wir ein Strafangebot, dass angepasst ist auf die Zeit während und nach der Haft. Und genau das fehlt zurzeit.“
Um diesen Missstand zu beheben, versprach der Minister Besserung. Schon im Februar werde eine interministerielle Konferenz stattfinden, die sich um die bessere Betreuung von psychisch kranken Straftätern befasse. Geld werde auch bereit gestellt werden für Verbesserungen. Versprechen, dass solche Dramen wie das um den vierjährigen Dean nicht noch einmal passieren, konnte der Minister nicht. Allerdings hatte das sicher auch keiner ernsthaft erwartet.
Kay Wagner
Fakt ist doch, dass es gar keine Einrichtung für Psychisch- Erkrankte gibt und dass die Ministerien auch nichts in der Vergangenheit getan haben um an der Gegenwart etwas zu verändern.
Nun ist die Seifenblase geplatzt und keiner wusste Bescheid.
Da muss erst ein kleiner Mensch sterben, um Veränderung zu bewirken.
Welch ein Drama, das tatsächlicher Drama.