Ziel erreicht - und doch kann keiner glücklich sein. Die vorgezogenen Weihnachtsferien im belgischen Schulsystem sollten auch dazu beitragen, dass der Schulanfang im neuen Jahr auf jeden Fall stattfinden kann. Die Omikron-Variante des Corona-Virus sollte das nicht gefährden.
Das tat Omikron dann auch nicht. Aber jetzt bereitet es den Schulen im ganzen Land massive Probleme. Durchschnittlich 14 Prozent der Schüler und Lehrer sind mittlerweile abwesend. 19 Schulen waren am Mittwoch in Flandern komplett geschlossen. Auch ganze Klassen bleiben aktuell zu Hause, weil sich mindestens vier Schüler mit Omikron angesteckt haben.
Dabei sind nicht alle Kinder, die zu Hause bleiben müssen, auch tatsächlich befallen von dem Virus. Nathalie Vermoere, Vorschullehrerin in Harelbeke nördlich von Kortrijk, sagte in der VRT: „Die meisten sind in Quarantäne, weil ein anderes Familienmitglied positiv ist: Mama, Papa, Schwester oder Bruder. Deshalb müssen auch sie dann zehn Tage in Quarantäne. Das ist schade für die Kinder, weil sie ja keine Symptome haben, aber trotzdem zu Hause bleiben müssen.“
Gleiches Bild und gleiches Stöhnen im frankophonen Schulsystem. Dominique Verlinden, Direktor der Ecole Communale du Centre in der Brüsseler Stadtgemeinde Uccle, sagte in der RTBF: „Unsere Schule bleibt geöffnet, aber wir haben zurzeit etwa 30 Prozent der Schüler, die positiv sind oder in Quarantäne. 60 Prozent der Grundschule sind geschlossen. Die Situation war schwierig in den vergangenen Monaten. Seit ein paar Tagen ist sie gleichsam außer Kontrolle geraten.“
Die Unzufriedenheit über die aktuelle Situation wächst also. Nicht nur Unverständnis darüber, warum Kinder, die selbst keine Symptome haben, zu Hause bleiben müssen, sondern auch allgemein die Frage danach, ob die aktuellen Corona-Regeln für das Schulsystem passend sind. Angeblich wollen die Vertreter der Teilstaaten das Thema am Freitag beim Konzertierungsausschuss zur Sprache bringen.
Aber der föderale Gesundheitsminister Franck Vandenbroucke soll bereits wenig Begeisterung für Änderungen gezeigt haben. Ständig die Regeln zu wechseln, soll er gesagt haben, sei auch nicht gut. Zumal Virologen wie Steven Van Gucht die aktuellen Maßnahmen durchaus gutheißen. Er verteidigte sie am Mittwochabend und sagte zur aktuell schwierigen Lage vieler Schulen aufgrund der Regeln: „Wir können aber immerhin hoffen, dass viele andere Schulen aufgrund der aktuellen Regeln nicht zu stark getroffen werden.“
Für viele Schulen und ihr Personal ist das kein Trost. Im frankophonen Schulwesen ist die aktuelle Situation mit Omikron der Tropfen, der ein Fass zum überlaufen bringt. Am 10. Februar soll gestreikt werden. Hauptsächlich soll es dabei um die Schulreform gehen, die nicht so richtig vorankommt. Aber auch Omikron und die gesamte Corona-Situation spielen eine Rolle. Das Lehrpersonal ist erschöpft und fühlt sich überfordert. Und Dank der Omikronwelle, deren Höhepunkt ja noch nicht erreicht sein soll, sieht es so aus, als ob das mindestens, trotz Streikankündigung, noch ein paar Wochen so weitergehen wird.
Kay Wagner