Bei der Demonstration in Brüssel am Sonntag war die Maskenpflicht für jüngere Kinder unübersehbar ein Thema. In den Sozialen Medien organisieren sich wütende Eltern. Aus Umfragen, Reaktionen und Rückmeldungen geht aber auch hervor, dass sehr viele Eltern der Maskenpflicht irgendwo zwischen verständnisvoll und sehr unterstützend gegenüberstehen.
Die Meinungen sind also gespalten. Und - wie so oft in dieser Gesundheitskrise - scheint Bauchgefühl wichtiger als Fakten zu sein und plötzlich ist jeder ein selbsternannter Kinderarzt. Koen Vanden Driessche ist tatsächlich Kinderarzt und zudem noch Infektiologe am Universitätskrankenhaus Antwerpen und hier Mitglied der Taskforce Kinderheilkunde.
Infektiologe: Not bricht Gebot
Natürlich sei es für das Wohl der Kinder am besten, wenn sie so weit wie möglich in Ruhe gelassen würden, so Vanden Driessche bei Radio Eén, also so wenig wie möglich mit Tests, Quarantäne, Isolierung und Masken belastet würden. Aber wie das Sprichwort eben sagt: Not bricht Gebot.
Es gebe wieder so viele Neuaufnahmen in die Intensivstationen und sehr viele Ansteckungen in den Primarschulen – doppelt so viele wie im Rest der Gesellschaft. Da müsse man einfach eingreifen, sonst müssten die Schulen geschlossen werden, was man ja auch bereits erlebe.
Vor einem Jahr habe man in der Tat noch sagen können, dass Kinder kein Motor der Epidemie waren. Jetzt müsse man feststellen, dass es unter ihnen sehr viele Ansteckungen gebe. Zweifel über die Mundschutzmasken an sich hat der Arzt keine. Man wisse, dass die Masken bei Erwachsenen funktionierten. Es sei erwiesen, dass beim Husten so 90 Prozent weniger Aerosole produziert würden. Und das sei bei Kindern nicht anders.
Masken funktionieren, aber ...
Möglicherweise übertrieben optimistische Vorstellungen über die Wirksamkeit der Masken will er dennoch nicht im Raum stehen lassen. Man müsse ganz klar zwischen Theorie und der realen Welt unterscheiden.
In der Praxis könnte der Mund-Nasen-Schutz über 50 Prozent der Ansteckungen verhindern, aber eben nicht 90 Prozent wie unter Laborbedingungen. Oder anders gesagt: Masken können nur dann wirken, wenn man sie auf hat. Aber wenn sie abgenommen werden - etwa zum Essen oder nach der Schule - nimmt man den Schutz natürlich mit ab.
Keine schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen
Bedenken über mögliche schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Kinder hat Vanden Driessche auch nicht wirklich: Masken seien für Kinder vor allem eine Unannehmlichkeit. Sie könnten auch zu Hautirritationen oder bei älteren Kindern zu Pickeln führen.
Man gehe jedoch nicht davon aus, dass das Maskentragen ernstere bleibende Folgen habe. Dafür gebe es keinen Grund. Es sei weder so, dass es zu einer Anreicherung von CO2 in der Maske komme noch dass man zu wenig Sauerstoff aufnehme.
Was stimme, sei, dass Masken die Kommunikation schwerer machen könnten. Deswegen wolle man auch, dass die Maßnahme zeitlich so kurz wie möglich dauere. Die Behauptung, dass dadurch ein Lernrückstand entstehe, sei aber eine zu starke Vereinfachung. Es gebe verschiedene Gegenmaßnahmen, die etwa Lehrer ergreifen könnten, um dieses Risiko so klein wie möglich zu halten.
Erfahrungen aus Italien
Es sei irgendwie schon schade, dass die Kinder jetzt mal wieder dem Rest der Gesellschaft mit gutem Beispiel vorangehen gehen müssten. Aber es scheine eben die einzige Option zu sein, so Vanden Driessche.
Inwieweit sich die Maskenpflicht für Kinder in Belgien bewähren wird, wird man abwarten müssen. Berichte aus Italien, wo diese Pflicht schon lange gilt, legen aber nahe, dass die Ansteckungen so deutlich reduziert werden können.
Eine einzelne Schule hat höchstens anekdotischen Wert: In einer Grundschule in Opwijk in Flämisch-Brabant läuft ein entsprechender Modellversuch schon seit letztem Jahr. Ergebnis laut der Direktorin: Bis Ende Juni hätte es keinen einzigen Ansteckungsfall gegeben. Außerdem habe man die Schule weder schließen noch Klassen in Quarantäne schicken müssen.
Boris Schmidt
Ich wundere mich wie einseitig hier über die Maskenpflicht für 6 jährige berichtet wird.
Der BRF befragt einen Kinderarzt und Infektiologen. Befragen sie doch mal Eltern nach Ihrem hier abfällig zitiertem “Bauchgefühl”. Der Medienauftrag ist es beide Seiten einer Medaille zu beleuchten.
Spätestens, wenn eine Variante auftaucht, die Kinder in höherem Maße gefährdet, werden Eltern sich auf die Masken stürzen.
@ SACHA BRANDT
Bauchgefühl hat aber in einer Wissenschaftlich fundierten Entscheidung nichts zu suchen. Wenn es nach dem Bauchgefühl mancher Menschen ginge wären wir noch in der Steinzeit.
Das Bauchgefühl vieler Menschen führt aktuell dazu, dass unser Gesundheitssystem am Limit läuft und es zu gewalttätigen Übergriffen, Protesten und sogar Terrorangriffen auf Politiker (Siehe Herr Arimont).
Diesem Bauchgefühl wird jetzt schon viel zu viel Beachtung geschenkt.
Entscheidungen in Notzeiten sollten anhand von Fakten getroffen werden und nicht Meinungen. Und zu Fakten zähle ich nicht die tausenden Fakenews und Fehlinterpretationen von Statistiken die im Netz rumgeistern und schon garnicht die Rechtpopulisten Links die ein verwirrter Arzt aus Sankt Vith gerne im Direktem Schwurbelforum postet.