"Es werden schwierige Wochen", hatte der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke vor einigen Tagen gewarnt. Nun, er wusste vielleicht nicht, wie recht er hatte.
Erstmal ist die Situation in den Krankenhäusern vor allem im Norden des Landes inzwischen dramatisch. Die ersten Patienten mussten schon in Kliniken in Brüssel bzw. in der Wallonie gebracht werden. Er sei zutiefst besorgt, sagte Vandenbroucke am Abend in der VRT.
Als Reaktion darauf hatte das Gesundheitsministerium eine Notmaßnahme erlassen. Alle Krankenhäuser landesweit sind dazu angehalten, nicht dringende Eingriffe auszusetzen. Das musste aber später korrigiert, besser gesagt nuanciert werden. Diese Auflage gelte nicht für Kliniken, in denen es keinen Notstand gibt, die also die Vorgaben hinsichtlich der Aufnahme möglicher Covid-Patienten einhalten können. "Gut, jetzt haben wir das geklärt", sagte Vandenbroucke. "Das ändert aber nichts daran, dass die Situation in den Krankenhäusern schwierig ist."
"Holterdiepolter" bei Test-Strategie und Reserveliste
Klärungsbedarf gab's auch in Bezug auf die neue Teststrategie. Die Regeln wurden wieder geändert. Sie im Einzelnen wiederzugeben, würde hier den Rahmen sprengen.
Vandenbroucke verwies darauf, dass die Menschen, die einen Hochrisiko-Kontakt hatten bzw. infiziert sind, im fraglichen Moment über die genaue Vorgehensweise informiert würden. Die Situation sei nunmal komplex, sagt der Gesundheitsminister: Es gibt Geimpfte und Ungeimpfte; es gibt verschiedene Arten von Tests; entsprechend seien die Regeln eben auch manchmal kompliziert.
Das alles sorgt aber für einen Eindruck, den man mit dem Wort "Holterdiepolter" umschreiben könnte. Ein Hauch von Chaos. So auch z.B. am Donnerstagmorgen, als die Impf-Reserveliste QVax gleich nach ihrem Start crashte. Die Informatik-Probleme seien inzwischen aber behoben, hieß es.
Durcheinander beim CST
Und dann gab's am Donnerstag auch noch eine bemerkenswerte Schlagzeile auf der Titelseite der Zeitung Het Nieuwsblad: "Die Polizei darf den Corona-Pass nicht kontrollieren", schreibt das Blatt. Darauf haben offenbar die Generalprokuratoren des Landes in einem Rundschreiben hingewiesen. Demnach sind Polizisten nicht befugt, das CST zu scannen, was zum Beispiel zur Folge haben wird, dass einige Geldbußen wohl im Papierkorb landen werden.
"Das Ganze ist uns dann doch ein Rätsel", sagte - betont diplomatisch - Carlo Medo von der Polizeigewerkschaft SNPS in der VRT. Er habe zwar bis zu einem gewissen Maß Verständnis dafür, weil in diesen Zeiten auch schonmal schnell entschieden werden müsse. Die Prozedur müsse aber jetzt schnell verdeutlicht werden.
Dennoch: Wieder so ein Eindruck von: "Da läuft doch alles drunter und drüber"; zumal ja gerade erst die Justiz das wallonische CST für unrechtmäßig erklärt hat. Genau dieses Durcheinander beklagte am Donnnerstag auch schon die Zeitung Le Soir: Man habe den Eindruck, dass Land haben seinen Covid-Kompass verloren.
Konzertierungsausschuss
Konzertierungsausschuss am Freitag: Gems empfiehlt strenge Maßnahmen
Und hierzu passt auch irgendwie der Vorstoß des flämischen Ministerpräsidenten Jan Jambon. Der N-VA-Politiker hatte ja eine erneute Einberufung des Konzertierungsausschusses gefordert. Das wäre der dritte innerhalb von drei Wochen; weniger als eine Woche nach der letzten Sitzung.
In der Sache gibt man ihm im Wesentlichen recht: Natürlich müsse was passieren. Nur müsse man dafür nicht zwingend auf den Konzertierungsausschuss warten, sagte der OpenVLD-Vorsitzende Egbert Lachaert in der VRT. Flandern könne z.B. problemlos auch selbst Maßnahmen ergreifen, etwa im Unterrichtswesen. "Wir müssen auch mal ein wenig Standfestigkeit beweisen", sagt Lachaert, "in dem Sinne, dass wir doch nicht alle drei Tage den Konzertierungsausschuss einberufen können".
Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke ist seinerseits nicht abgeneigt. "Ja, wir können den Konzertierungsausschuss zusammenrufen. Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass die Kakophonie aufhört. Wir brauchen entschlossene Maßnahmen, die in der Breite wirken, also in alle Sektoren hinein, und die von allen Verantwortlichen unzweideutig mitgetragen werden."
Mit anderen Worten: Bei einem möglichen dritten Konzertierungsausschuss müsste man dann auch mal Nägel mit Köpfen machen. Um zu vermeiden, dass nächste Woche ein vierter kommen muss.
Roger Pint
Die Regierung läuft von Anfang an hinter der Welle her.
Man kann es eben nicht jedem Recht machen.
Vielleicht sind ja die heutigen Entscheidungen in Deutschland eine Blaupause für den morgigen Konzertierungsausschuss sein.