Brüsseler Taxifahrer haben am Dienstag in der Hauptstadt stellenweise für erhebliche Verkehrsbehinderungen gesorgt. Sie wollten damit gegen die Haltung der Brüsseler Regierung im sogenannten Taxi-Krieg protestieren.
Fast genau eine Woche zuvor hatte es schon vergleichbare Aktionen gegeben. Nur war es da die andere Seite, die in Brüssel demonstriert hatte: die Chauffeure, die die App des Online-Vermittlungsdienstes Uber nutzen. Das zeigt, wie verhärtet die Fronten sind.
Taxi-Krieg
"Taxi-Krieg", der Begriff ist wohl nicht überzogen. Der amerikanische Internet-Dienstleister Uber hatte vor einigen Jahren die Brüsseler Taxi-Landschaft mächtig aufgemischt. Das Prinzip ist bekannt. Ganz grob gesagt: Uber ist eigentlich so eine Art Online-Mitfahrzentrale. Wer von A nach B gefahren werden muss, der kann über die App jemanden finden, der ihn mitnimmt.
Das allerdings gab's eigentlich schon. Und das nennt sich Taxi. Die Taxifahrer haben immer geltend gemacht, dass für sie ganz andere Auflagen gelten als für die neuerliche Konkurrenz und dass sie das Ganze für unlauteren Wettbewerb halten.
Juristische Odyssee
Man klagte also vor Gericht. Und es folgte eine regelrechte juristische Odyssee. In der vergangenen Woche schien es aber, als habe der Brüsseler Appellationshof in der Sache ein für allemal entschieden: Das Gericht urteilte - grob gerafft -, dass die Nutzung der Uber-App allen alternativen Fahrdiensten untersagt wird, also auch den Inhabern einer sogenannten LVC-Lizenz. Das war nämlich bislang die Hintertür: Wer als Chauffeur- und Limousinen-Service angemeldet war, der durfte die App weiter nutzen. Eben bis zu dem Urteil von Mittwoch vergangener Woche.
Uber reagierte prompt: "Wir werden uns der Entscheidung beugen", sagte Belgien-Chef Laurent Slits in der RTBF. Die App bleibe allein noch zugänglich für die Inhaber einer flämischen Lizenz. Denn: Das Urteil geht erstmal nur für die Inhaber einer Brüsseler LVC-Lizenz. Der belgische Föderalstaat treibt bekanntermaßen mitunter wunderliche Blüten.
Für die 2.000 Brüsseler Uber-Fahrer ist aber erstmal Schluss. "Wir verlieren von jetzt auf gleich unsere Existenzgrundlage", schimpfte ein Betroffener in der RTBF. "Wir müssen auch unsere Steuern und Abgaben zahlen; wir haben unsere laufenden Kosten. Und jetzt sagt man uns einfach mal so, dass Schluss ist?"
Koexistenz ermöglichen
Des einen Leid, der anderen Freud. Denn bei den Taxifahrern hatte das Urteil demgegenüber Begeisterungsstürme ausgelöst. Nur war deren Freude von kurzer Dauer. Die Akte landete nämlich bei der Brüsseler Regionalregierung. Die Equipe um den PS-Ministerpräsidenten Rudi Vervoort hatte sich ins Koalitionsabkommen geschrieben, dass man diesen Taxi-Krieg beilegen will. Beilegen, indem man die Möglichkeit schaffen will, beide Dienstleistungen koexistieren zu lassen, sagte der Ecolo-Regionalminister Alain Maron in der RTBF. "Wir wollen, dass beide Systeme nebeneinander operieren können - unter denselben Voraussetzungen."
Am Wochenende hieß es, man habe sich auf eine Übergangslösung geeinigt; in Erwartung einer endgültigen Neufassung der Gesetzgebung. Ziel sei, dafür zu sorgen, dass den Uber-Chauffeuren nicht die Existenzgrundlage entzogen wird. Nur hat man das bei der PS anscheinend anders verstanden. Von einer möglichen "Einigung" wollte der PS-Ministerpräsident Vervoort plötzlich nichts mehr wissen. Womöglich sei Vervoort von der eigenen Fraktion ausgebremst worden, mutmaßen Beobachter.
Weiterhin keine Lösung
Fakt ist, dass es weiter keine Lösung gibt. Einige Mehrheitsfraktionen wollen aber nicht länger warten; sie haben angekündigt, den Entwurf nun doch ins Parlament einzubringen. Und offenbar würde sich eine alternative Mehrheit dafür finden; einige Oppositionsfraktionen haben jedenfalls ihre Unterstützung signalisiert.
Und es sind diese Pläne, gegen die eben die Taxifahrer am Dienstag protestiert haben. "Wir haben die Justiz auf unserer Seite", beklagte einer der Demonstranten in der RTBF. "Und was sehen wir? Dass unsere Volksvertreter die Entscheidung der Richter umschiffen wollen!"
Doch noch ist es nicht soweit. Eine Wechselmehrheit wäre wohl kein gutes Zeichen für die aktuelle Koalition. "Das sollten sich die Partner gut überlegen", drohte auch schon sinngemäß der PS-Fraktionschef im Brüsseler Parlament. Die Brüsseler Koalition droht also am Taxi-Krieg zu zerbrechen; eine Regierungskrise in der Hauptstadt wird nicht mehr ausgeschlossen.
Roger Pint