Eine zentrale Figur des Corona-Krisenmanagements ist der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke (Vooruit). Eigentlich haben wir noch Glück im Unglück, hat er sinngemäß am Morgen bei der RTBF gesagt.
Denn: Wir haben ja Impfstoffe gegen das Coronavirus. Die bieten zwar - wie alle anderen Vakzine auch - keinen perfekten Schutz, sind aber dennoch sehr gut und effizient. Ohne die Impfungen hätten wir jetzt eine nie dagewesene gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Katastrophe, unterstrich Vandenbroucke.
Belgien befände sich dann im totalen Lockdown. Zum Glück hätten sich schon viele Menschen impfen lassen. Und man habe gelernt, dass auch andere Maßregeln helfen. Die Antwort des Gesundheitsministers auf die Frage, ob denn neue Schließungen auf dem Tisch lägen, fiel denn auch eindeutig aus: Nein.
Panik sei aktuell fehl am Platze, Grund zur Beunruhigung biete der rasante Anstieg der bestätigten Neuinfektionen allerdings auf jeden Fall. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Situation durch eine gleichzeitige Grippe-Epidemie verkompliziert werden könne.
Gefahr bestehe aber nicht nur für die Ungeimpften, sondern auch, weil eine sehr hohe Viruszirkulation auch mehr Durchbruchsinfektionen bedeutet. Die gefährden dann auch Geimpfte, vor allem ältere und solche mit geschwächtem Immunsystem.
Man brauche den Regenschirm - also die Impfungen - und zwar mehr davon, aber eben auch weniger Regen, sprich: die Zirkulation des Virus muss reduziert werden. Beides zusammen sei essenziell. Was die Unterschiede bei den aktuell geltenden Schutzmaßnahmen zwischen den verschiedenen Landesteilen angeht, war der Gesundheitsminister deutlich:
Das Virus lasse sich weder von politischen Debatten noch von Sprachgrenzen aufhalten. Die Regeln zwischen dem Norden und Süden des Landes sollten also harmonisiert werden. In Brüssel und in der Wallonie, wo ja bereits strengere Regeln als in Flandern gelten, müsse mehr getan werden, um diese Regeln auch rigoros anzuwenden und durchzusetzen.
Pragmatismus und Entschlossenheit müssten das Motto sein. In diesem Zusammenhang rief der Gesundheitsminister die Menschen auch dazu auf, in ihrem Alltagsleben wieder etwas vorsichtiger zu sein. Sicherheitsabstände blieben wichtig. Ebenso wie das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken, die Barrieregesten und so weiter.
Die Bedeutung der Impfung möglichst vieler Menschen könne dabei nicht überbetont werden. Das Covid-Safe-Ticket sei ebenfalls ein sehr sinnvolles Werkzeug, so wie die Telearbeit. Was ebenfalls, Zitat, "ultrawichtig" sei, dass sei die Belüftung. Und zwar nicht nur in Cafés, Restaurants und so weiter, sondern vor allem auch in den Schulen.
Angesichts der explodierenden Fallzahlen gerade im Unterrichtswesen müsse die Strategie aus drei Elementen bestehen: Neben eben besserer Belüftung, wo nötig, auch dem Tragen von Masken. Das sei zwar nicht angenehm, aber immer noch besser, als zum Distanzunterricht zurückkehren zu müssen. Und schließlich der sofortigen und möglichst umfassenden Impfung der 12- bis 17-Jährigen - auch, um deren Eltern zu schützen.
Eine Impfung der Sechs- bis Zwölf-Jährigen stehe hingegen nicht absehbar an, weil sich erst die Europäische Arzneimittelagentur EMA und danach auch noch der belgische Hohe Gesundheitsrat dazu äußern müssten.
Was eine allgemeine Pflichtimpfung angeht, wiederholte Vandenbroucke, die schwere Durchsetzbarkeit in der Praxis. Priorität habe die Pflichtimpfung des Pflegepersonals. Das Gesetz dafür solle bis Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres verabschiedet werden.
Was alle anderen betreffe, gebe es einen pragmatischen Weg: Wer geimpft sei und ein Covid-Safe-Ticket habe, bekäme alle Freiheiten. Die anderen müssten sich eben testen lassen, so der Gesundheitsminister.
Boris Schmidt
Wenn es nach Frank Vandenbroucke gehen würde, dann wäre es bald mal wieder an der Zeit für einen knackigen Lockdown.