Aufgerufen zu dem Aktionstag haben die Gewerkschaft Union4U, die belgische autonome Gewerkschaft von Fachkräften für Krankenpflege, sowie die M.P.A.I. ("Mouvement des Praticiens de l’Art Infirmier"), die Bewegung der Fachkräfte für Krankenpflege. Vor Ort an den Arbeitsstellen sollen die Protestierenden die Arbeit nicht niederlegen, sondern nur auf ihre Anliegen aufmerksam machen. Der zweite Teil des Aktionstags besteht aus einem Marsch.
Nachdem sich die Gesundheits- und Pflegekräfte ab 11 Uhr vor dem Brüsseler Zentralbahnhof versammelt haben, soll der Protestzug dann in die Rue de la Loi ziehen. Genauer gesagt vor das Kabinett des föderalen Ministers für Volksgesundheit, Frank Vandenbroucke (Vooruit). Vertreter der Protestierenden wollen dem Gesundheitsminister dann persönlich ihre Forderungen überreichen.
Und dieser "Besuch" bei Minister Vandenbroucke hat auch einen Grund, wie Thierry Lothaire, der Vorsitzende der Gewerkschaft Union4U, bei der RTBF erklärte: Sie hätten sich direkt oder indirekt mit allen für die Gesundheit zuständigen Ministern der Teilstaaten getroffen. Nur Föderalminister Vandenbroucke habe bisher weder mit ihnen geredet, noch sie getroffen oder gar auf ihre Sorgen gehört, so Lothaire.
Hausaufgaben für Vandenbroucke
Deswegen haben die Protestierenden dem, wie man auf ihren Ankündigungen lesen kann, "Schüler F. Vandenbroucke" eine Liste zum "Wiederbeginn des Schuljahres" aufgeschrieben.
Auf dieser Liste für den Gesundheitsminister stehen vier Aufgaben. Zuhören, die Anerkennung als schwerer Beruf, eine Aufwertung der Berufe und mehr Personal.
Denn der Sektor beziehungsweise eben vor allem die Menschen, die in ihm arbeiten, befinden sich in Not, wie auch das "SOS"-Motto unmissverständlich klar macht und zwar nicht erst seit der Coronakrise. Das sei seit mindestens 30 Jahren der Fall, so der Union4U-Vorsitzende.
Zum einen würden die Arbeitsbedingungen immer schwieriger, weil die Menschen immer älter und ihre Krankheiten dadurch immer schwerer würden.
Die hohe Fluktuation und die Geschwindigkeit, mit der die Fachkräfte ihre Aufgaben zu erfüllen hätten, hätten ebenfalls zu einer Erhöhung der beruflichen Belastung geführt. Deswegen will die Bewegung eben die Anerkennung als "schwerer Beruf".
Bezahlung
Es geht den Menschen aber auch um die Anerkennung beziehungsweise die monetäre Würdigung ihrer Qualifikationen. Hier herrscht nämlich seit einer neuen Klassifizierung der Angestellten auch ziemlicher Unmut. Aktuell würde das Personal nach der Art der Tätigkeit bezahlt.
Man wolle aber nach Qualifikationen beziehungsweise erworbenen Kompetenzen bezahlt werden. Sprich, dass die Spezialisierungen, die viele Angehörige des Sektors für ihre Tätigkeit auf sich nehmen und die zu einer deutlich längeren Ausbildung führen, sich auch im Gehalt niederschlagen.
Die jetzige Praxis führe dazu, dass der Beruf enorm an Attraktivität auch bei Jüngeren verliere. Und das in Zeiten, in denen wegen der in den Krankenhäusern geltenden Normen immer mehr Spezialisten gebraucht würden. Spezialisten, die man so in Zukunft nicht mehr finden werde, warnt der Gewerkschaftsvorsitzende.
Der Nachwuchs müsse nicht nur während der Ausbildung gefördert werden, sondern auch während des eigentlichen Berufslebens – und das bedeute eben ein attraktives Gehalt.
In diesem Kontext wendet sich Union4U auch gegen Einmalprämien, von denen je nach Gehaltsstufe auch manchmal nicht wirklich so viel übrigbleibt. Stattdessen gibt es eine ganz klare Forderung: 15 Prozent mehr Lohn für alle Angestellten des Sektors.
Die Gewerkschaft Union4U sammelt für die Anerkennung des Pflegeberufes auch auf ihrer Internetseite Unterschriften. Die Gewerkschaft wurde erst im vergangenen Oktober im Zuge der Corona-Pandemie gegründet.
Boris Schmidt