Rund sieben Kilometer lang ist der Strand von Ostende. Auf insgesamt acht Strandabschnitten können sich Sonnenhungrige und Wasserenthusiasten hier verteilen. Und natürlich gibt es immer mal wieder Vorfälle, bei denen Rettungskräfte eingreifen müssen, gerade im Sommer.
Aber dennoch fällt auf, dass solche Einsätze sich besonders auf einen Strandabschnitt konzentrieren: den "Groeistrand", zwischen dem Kursaal und der Westmole. Das ist auch der Bereich, in dem am Nachmittag des 12. August ein17-jähriger junger Mann aus der Brüsseler Stadtgemeinde Uccle verschwunden war. Trotz eines riesigen Suchaufgebots konnte er nach mehreren Stunden nur noch tot geborgen werden.
Diesen Samstag sind aufgrund des schönen und warmen Wetters erneut viele Menschen an die Küste geströmt, auch an den Strand von Ostende. Um die Mittagszeit dann plötzlich Aufregung und Hektik am Wasser. Innerhalb von weniger als einer halben Stunde mussten die Strandretter drei Mal in Aktion treten, erklärte Levy Meyer - stellvertretender Hauptretter in Ostende - am Montag bei Radio Eén: einmal in etwa auf Höhe des Kursaals, zwei Mal auf der Höhe der Christinastraat. Die beiden Punkte liegen höchstens 300 Meter auseinander und gehören zum Abschnitt Groeistrand.
Fünf Personen waren durch das wegen der Flut steigende Wasser auf der Sandbank in Schwierigkeiten geraten. Die Rettungsschwimmer mussten sie mit Schlauchbooten von dort retten. Drei von ihnen mussten zur Beobachtung ins Krankenhaus, weil sie Seewasser geschluckt hatten, ernstere Folgen waren zum Glück nicht zu beklagen.
Bei allen fünf habe es sich um Teenager gehandelt - und sie hätten nicht schwimmen können, so Meyer. Also genau das gleiche Profil wie bei dem siebzehnjährigen Opfer aus Uccle wenige Tage zuvor. Eine weitere Parallele: Auch dieses Mal sah das Meer, zumindest für das untrainierte Auge, sehr ruhig aus.
Das Problem ist allerdings, dass Sandbänke wie auch die am Groeistrand deutlich höher aus dem Wasser ragen als die sie umgebenden Bereiche. Die Folge: Wenn die Flut kommt, ist das Wasser in den Bereichen zwischen Sandbank und Ufer plötzlich viel tiefer. Das kann Menschen, die nicht oder nur schlecht schwimmen können, schnell zum Verhängnis werden. Sie könnten unerwartet den Boden unter den Füßen verlieren und schlicht untergehen, warnt Meyer. Genau das könnte womöglich auch dem ertrunkenen Jugendlichen aus Uccle passiert sein, vermutet man.
Maßnahmen erwünscht - aber welche?
Der diensttuende Bürgermeister von Ostende, Kurt Claeys (OpenVLD), will jedenfalls eine fachkundige Untersuchung auch und gerade dieses spezifischen Uferbereichs, um zu sehen, welche Maßnahmen hier ergriffen werden können. Die Untersuchung soll nach dem Sommer erfolgen. Dazu will die Stadt Ostende mit der Agentur für maritime Dienstleistungen und Küste (MDK) zusammenarbeiten.
Für Küstenretter Levy Meyer ist die Häufung der jetzigen Vorfälle derweil das Ergebnis verschiedener Faktoren. Im Augenblick gebe es hier mehrere Sandbänke. Und dahinter befinden sich immer tiefer gelegene Bereiche, die bei Flut eben schnell volllaufen und Menschen den Rückweg abschneiden beziehungsweise sie in regelrechte Unterwassergräben stolpern lassen, in denen sie nicht mehr stehen können.
Weil sich solche Sandbänke aber vor allem bei starkem Wind beziehungsweise Sturm bildeten und sie auch wandern und mal auftauchen und wieder verschwinden können, sei es schwierig, dauerhaft etwas dagegen zu unternehmen.
Außerdem sorgt der Hafendamm in diesem Strandabschnitt für eine sehr komplexe Umgebung, so Jaak Monbaliu, Professor für Wasserbau an der KU Löwen. Der Damm sorge für Störungen der normalerweise vorherrschenden Strömungen entlang der Küste. Hinzu käme dann das Problem der Sandbänke, die dafür sorgten, dass das Wasser bevorzugt durch bestimmte Bereiche fließe. Und das führe eben dazu, dass die Strömungen in diesen Kanälen viel stärker als andernorts seien, so Monbaliu.
Levy Meyer sieht aber auch noch andere Gründe für die Unfälle am Groeistrand: die hohe Zahl an Badegästen und ihr Verhalten, gerade wenn sie nicht gut schwimmen könnten. An weniger stark besuchten Strandabschnitten hörten Besucher auch eher darauf, was die Rettungsschwimmer vor Ort ihnen rieten, unterstreicht Meyer.
Boris Schmidt