Die Sorge über den Verlust geistiger Fähigkeiten nach einer Covid-19-Erkrankung relativiert sich etwas, wenn man sich klar macht, dass es sich - zumindest nach bisherigen Erkenntnissen - nur um eine kleine Gruppe von Covid-Patienten handelt, die einen wirklich schweren Verlauf hatten - mit Aufenthalt auf der Intensivstation und künstlicher Beatmung.
Es geht immerhin um einen IQ-Verlust von sieben Prozent. Fachleute wie Professor Paul Boon, Neurologe am Uniklinikum Gent nennen das substantiell. Bei einem Durchschnitts-IQ von 100 sind sieben Prozent schon spürbar. Das ist ungefähr vergleichbar mit dem Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten durch das Altern über einen Zeitraum von zehn Jahren.
Nicht alle kognitiven Fähigkeiten nehmen im selben Maß Schaden. Die Fähigkeit, Emotionen zu erkennen, bleibt zum Beispiel davon unberührt, ebenso das Gedächtnis. Betroffen ist insbesondere die Fähigkeit, Probleme eigenständig zu lösen oder auch die Fähigkeit, Argumente für einen Standpunkt zu finden - also eher die kreative Seite der Intelligenz.
Ob das Virus die Gehirnzellen angreift, weiß man noch nicht so genau. Bisher ist das Phänomen nur bei Covid-Patienten, die beatmet werden mussten, nachgewiesen worden. Dafür kommt theoretisch auch eine andere Erklärung in Frage. Durch die Beatmung selbst kann es zu Schädigungen kommen, das weiß man von Patienten mit anderen schweren Erkrankungen, erklärt der Neurologe Paul Boon.
Daher liefert die Studie auch keine Antwort auf die Frage, welchen Anteil das Coronavirus an dem Verlust von Intelligenz tatsächlich hat. Das heißt umgekehrt aber auch, dass man noch nicht weiß, ob das nicht auch bei Patienten mit einem milden Verlauf auftreten kann. Das müssen Langzeitstudien noch klären.
Professor Boon ist optimistisch, dass sich das Gehirn wieder regeneriert. Genau wird man das aber erst in zirka anderthalb Jahren sehen.
vrt/sh