Es mangele den Hilfskräften sicher nicht an gutem Willen, betont Innenministerin Verlinden. Alle Beteiligten hätten Enormes geleistet, aber dennoch sei der Weg noch lang. Deswegen stehe sie dem wallonischen Ministerpräsidenten Elio Di Rupo (PS) gerne zur Seite bei der riesigen Aufgabe, die noch auf ihn warte. Jetzt gelte es mehr denn je, die Herausforderungen gemeinsam anzugehen.
Trotz dieser zumindest oberflächlich sehr konstruktiven Worte kann man sich nicht gänzlich des Eindrucks erwehren, dass die Schaffung der neuen föderalen Unterstützungsstelle zumindest teilweise auch eine Art Notbremse beziehungsweise Flucht nach vorne ist.
Die Kritik insbesondere am Krisenmanagement der Wallonischen Region, an Ministerpräsident Di Rupo und auch am Gouverneur der Provinz Lüttich, Hervé Jamar (PS), scheint nämlich quasi täglich schneidender zu werden. Auch Innenministerin Verlinden steht seit Längerem selbst innerhalb der föderalen Regierung deutlich unter Druck. Und die neue Stelle, die offiziell gemeinsam von Verlinden und Di Rupo beschlossen worden ist, soll wohl helfen, eben etwas von diesem Druck vom Kessel zu nehmen.
Eines bedeutet die neue föderale Stelle aber keinesfalls: einen Kommandowechsel zurück auf die föderale Ebene. Die Zügel behalten nämlich ganz explizit die wallonischen Behörden in den Händen.
Koordination und Kommunikation
Die föderale Unterstützungsstelle wird dem Sonderkommissariat für den Wiederaufbau der Wallonischen Region angeschlossen. Das hat Innenministerin Verlinden auch bei der VRT unterstrichen. Es gehe darum, die Krisenzellen der Provinzen, die seit dem 26. Juli für das Krisenmanagement zuständig sind, zu stärken und zu unterstützen, um die Hilfeleistungen so effizient wie möglich zu organisieren.
Verlinden wolle dafür sorgen, dass der Föderalstaat alles ihm Mögliche unternehme, um eine bestmögliche Koordination und Kommunikation hinsichtlich der Hochwasserkatastrophe zu ermöglichen. Und das sind genau die zwei Wörter, die Verlinden am Donnerstag am häufigsten in den Mund genommen hat: "Koordination" vor Ort und "Kommunikation". Das sollen die Hauptaufgaben der neuen föderalen Unterstützungsstelle sein. Gewährleisten sollen das Spezialisten der am Krisenmanagement beteiligten Dienste und Institutionen. Also Vertreter der Föderalen Polizei, des Gesundheitsministeriums, der Feuerwehr, des Zivilschutzes und auch der Armee. Sie sollen dabei eng mit der Informationsstelle des Nationalen Krisenzentrums zusammenarbeiten.
Die föderale Unterstützungsstelle beginnt offiziell zwar erst am Donnerstag mit ihrer Arbeit, einen kleinen Vorgeschmack gibt es aber bereits seit Mittwoch: Der Zivilschutz sei beispielsweise in die betroffenen Gemeinden geschickt worden, um sie vor Ort dabei zu unterstützen, sich eine Übersicht darüber zu verschaffen, was überhaupt benötigt werde. Er soll den Bürgermeistern helfen nach der Feststellung der Bedürfnisse der Menschen, die Prioritäten festzulegen. Dadurch sollen Hilfsangebote und Nachfrage besser aufeinander abgestimmt werden und so vielen Opfern wie möglich so schnell wie möglich geholfen werden.
Generell verwehrt sich die Innenministerin auch gegen Vorwürfe, dass die föderale Ebene seit dem Ende der föderalen Phase des Katastrophenplans zu wenig tue. Das Ende der föderalen Phase habe keinesfalls das Ende der föderalen Unterstützung bedeutet, so Verlinden.
Sowohl das Sonderkommissariat der Wallonischen Region als auch die Gouverneure hätten auch seit Beginn der provinzialen Phase des Katastrophenplans weiter auf die Unterstützung der Föderalpolizei, der Armee, des Zivilschutzes, des nationalen Logistikhubs des Krisenzentrums und der Hilfeleistungszonen zählen können. Hunderte Mitarbeiter und große Mengen Ausrüstung dieser Dienste seien seit Tagen und Wochen vor Ort im Einsatz und würden dies auch weiter bleiben. Außerdem sollen sie Verstärkung erhalten. Diese zusätzlichen Kräfte sollen dann zielgerichtet und spezifisch dort eingesetzt werden, wo sie am meisten gebraucht werden, verspricht Verlinden.
Boris Schmidt
Die Staaten sind auf Katastrophen- und Bevölkerungsschutz überhaupt nicht mehr vorbereitet, was man bereits an den immer weiter reduzierten Fähigkeiten in diesem Aufgabenfeld sieht. Ich war selbst in Chaudfontaine am 24. Juli um Hilfe zu leisten. Meine Eindrücke in loser Schüttung:
1. Kommunale Ebene wird mit Vielzahl an Problemen völlig allein gelassen,
2. Koordination von Personal und Material, aufgrund mangelnder Stabsarbeit kaum, bis nicht möglich,
3. Aus 2 folgt, dass es auch kein/kein aktualisiertes Lagebild des jeweiligen Verantwortungsbereich (wer braucht Hilfe, wie wird priorisiert, wie viel Freiwillige müssen zu welchem Einsatzort geschickt werden?)
4. Einbindung der verschiedenen BOS und Dienstleister (wie RESA, Engie usw.)
5. Etliche Detailfragen sind vor Ort zu entscheiden, womit die kommunale Verwaltung völligst überfordert ist.
Fazit: Die meisten übergeordneten Ebene kommen ihrer Verantwortung im Bereich Unterstützung nur unzureichend nach, ohne die vielen Freiwilligen wäre schon längst Land unter.
Es sind über 30 Personen bei dieser Flutkatastrophe ums Leben gekommen. Und kein Minister oder sonst ein Verantwortlicher von Ecolo, PS, PTB oder Groen ist bisher zurückgetreten. Schon bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass Minister von PS, Ecolo, Groen zurücktreten wollten, wenn nur ein einziger Papierloser stirbt bei dem vor kurzem beendeten Hungerstreik. Es gibt zwei mögliche Erklärungen: 1. Die Rücktrittsdrohung war nicht ernst gemeint oder 2. Die papierlosen Hungerstreikenden waren wichtiger als die einheimische Bevölkerung. Weil diese angeblich linken Parteien sich nicht mehr interessieren für die Belange der kleinen Leute. Mag jeder sich seine eigene Schlüsse ziehen.