Die Corona-Zahlen sinken. "Zwar ganz sacht, aber sie sinken", begann der Virologe Yves Van Laethem die Bestandsaufnahme des Nationalen Krisenzentrums. Die Osterpause habe unbestreitbar Wirkung gezeigt. Das schlage sich vor allem in den Zahlen für die Neuansteckungen und Krankenhausaufnahmen nieder. Da habe man einen Peak gesehen, unterstrich auch der Virologe Steven Van Gucht.
Beide Indikatoren - Neuansteckungen und Krankenhausaufnahmen - sinken also, wenn auch nicht stark. "Eigentlich sollte man vielleicht besser von einem Plateau sprechen", so Van Laethem. Aber immerhin trotzdem ein Plateau - statt eines weiteren Wachstums der Corona-Kurven wie vor der Osterpause, wie Van Laethem hervorhob. Und das Plateau hat den erwähnten leichten Abwärtstrend.
Euphorisch sind die Gesundheitsexperten über die Zahlen aber sicher nicht, daraus machte auch Van Laethem keinen Hehl. "Wir hatten mehr erwartet", so der Virologe, "da muss man nicht um den heißen Brei herumreden". Man habe sich einfach einen deutlich stärkeren Rückgang erhofft.
Und dieser Wunsch bezieht sich eindeutig vor allem auf die Situation in den Krankenhäusern. Die Belegung der Krankenhausbetten liege noch immer auf einem hohen Plateau, bedauerte auch Van Gucht, der von einem "kritischen" Niveau sprach. Denn die Intensivstationen sind praktisch voll.
Fast kein Spielraum mehr
Wie gefährlich die so gut wie volle Belegung der Intensivstationen mit Covid- und Nicht-Covid-Patienten in der Praxis ist, das hat man diese Woche nach einem schweren Brand in der Brüsseler Stadtgemeinde Anderlecht gesehen. Denn bis für die Opfer freie Intensivbetten gefunden werden konnten, verging kostbare Zeit. Sollte es zu außergewöhnlichen Unglücken oder Notfällen kommen, dann könne das zu Problemen führen, warnte Van Laethem.
Es gebe fast keinen Spielraum mehr im Gesundheitswesen, unterstrich auch Van Gucht eindringlich. Deswegen sei es extrem wichtig, die Auslastung der Krankenhäuser in den nächsten Wochen abzubauen. Sprich: Die Krankenhausaufnahmen müssen stark sinken. Das sei auch möglich, betonte der Virologe, das zeigten auch die Vorhersagemodelle. Und auch die Perspektiven für Lockerungen blieben erhalten.
Allerdings dürfte man einen Fehler nicht machen. Man dürfe nicht glauben, dass die Impfungen allein die Situation retten könnten. Eine Warnung, die auch Van Laethem sehr deutlich machte: Impfungen ohne begleitende Maßnahmen würden nicht dazu führen, dass die Corona-Zahlen schnell sinken würden. Auch wenn die Vakzine entscheidend seien, so wirkten sie doch nur im Zusammenspiel mit den Corona-Hygieneregeln, den berühmten "goldenen Regeln". Die müssten also weiter befolgt werden.
Im Klartext: Weiter aufpassen, weiter Abstand halten, weiter Leute lieber draußen treffen und weiter die Kontakte begrenzen. Das sei grundlegend, um der dritten Corona-Welle Herr zu werden und um zumindest zahlentechnisch auf ein Niveau zu kommen, ab dem die heißersehnten Wiederöffnungen leichter seien, so Van Laethem. Und auch Van Gucht zeigte sich fest überzeugt, dass das gelingen könne.
Boris Schmidt