Von 800 Neuansteckungen pro Tag auf mittlerweile wieder über 5.000 - bei der wallonischen Gesundheitsministerin Christie Morreale läuten die Alarmglocken. "Es muss jetzt alles getan werden, um eine Situation wie im Oktober zu verhindern, als wir zugelassen haben, dass die Lage völlig außer Kontrolle gerät."
Ein Jahr nach dem ersten Lockdown haben wir so viele Corona-Zahlen gehört, dass sie mittlerweile in gewisser Weise nichtssagend geworden sind. Wir können die täglichen Meldungen über steigende Ansteckungen einfach nicht mehr hören. Das ist bedenklich, denn gerade im Moment ist Sorge durchaus geboten. Über 5.000 Neuansteckungen pro Tag – das entspricht dem Niveau von Mitte November, also mitten in der zweiten Welle. Und ab dem 1. April sollen die Corona-Maßnahmen eigentlich schrittweise gelockert werden. Jugend- und Freizeitcamps sollen wieder erlaubt, in den Schulen wieder Präsenzunterricht Alltag sein und einen Monat später sogar Bars und Restaurants wieder aufmachen.
Das passt offensichtlich nicht zusammen. Premierminister Alexander De Croo reagierte und zog den für nächste Woche geplanten Konzertierungsausschuss vor. Alle Zeichen stehen jetzt erst einmal auf Verschärfungen der Einschränkungen - oder zumindest Aussetzung der Lockerungen.
"Es ist das Virus, dass Herr über die zeitliche Planung ist", philosophierte der wallonische Ministerpräsident Elio Di Rupo und gab schon einmal einen Ausblick darauf, was bei dem Treffen zur Diskussion stehen wird: Die für den 1. April vorgesehenen Lockerungen könnten erst einmal auf den 19. April verschoben werden. Jugend- und Freizeitcamps und andere Outdoor-Aktivitäten könnten dann also doch nicht stattfinden. Was Di Rupo aber gerne vermeiden würde ist ein regulatorisches Hin- und Her, also, dass gerade eingeführte Lockerungen wie die Öffnung der Frisörsalons wieder rückgängig gemacht werden. "Ich denke nicht, dass wir diesen Weg gehen."
Schulschließungen kein Thema
Der Elefant im Raum, um es mit den Worten von Flanderns Bildungsminister Ben Weyts zu sagen, sind aber ohnehin nicht die Frisörsalons. Den größten Anlass zur Sorge gibt momentan der starke Anstieg bei Kindern und Jugendlichen bis 19 Jahren. Zuletzt waren mehr und Ansteckungen am Arbeitsplatz festgestellt worden – daher Bemühungen der Regierung, die Unternehmen zu mehr Telearbeit zu motivieren.
Die neuesten Zahlen zeigen nun allerdings, dass die Schule den Arbeitsplatz als wichtigsten Ort der Ansteckungen überholt hat. Könnte es sein, dass sich momentan viele Eltern sich auf der Arbeit anstecken und ihre Kinder das Virus in der Schule weitergeben – und andersherum? Experten haben diese Theorie jedenfalls geäußert. Dennoch ist die Schließung von Schulen momentan kein Thema, ebenso wenig wie eine Verlängerung der Osterferien, wie Bildungsminister Weyts betonte.
Andere Maßnahmen für Schüler sind aber auf Gemeinschaftsebene denkbar. Flandern zum Beispiel hat bereits die Mundmaskenpflicht für Schüler über zehn Jahren eingeführt.
Horeca-Öffnung wichtiges Ziel
Neben den Schulen scheint sich eine zweite Priorität herauszukristallisieren: die geplanten Öffnungen zum 1. Mai und hier vor allem das grüne Licht für die Gastronomie. Die Aussicht darauf, im Mai das erste Bier seit Monaten im Bistro um die Ecke oder im Strandcafé in Knokke zu trinken, wollen die Politiker noch nicht aufgeben. "Dafür müssen wir alles tun", sagt Gesundheitsministerin Morreale.
Auch der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke sagte in der RTBF, die Öffnung der Cafés und Restaurants ab dem 1. Mai bleibe für ihn ein wichtiges Ziel. Um das erreichen zu können, müsse man jetzt noch einmal die Zügel anziehen, Kontakte soweit wie möglich vermeiden, um die Infektionen zurückzuschrauben.
Vandenbroucke betonte auch, dass die Schulen bei den Beratungen absolute Priorität hätten. Man müsse alles tun, damit nach den Osterferien überall Präsenzunterricht möglich sei. Die Kinder müssten jeden Tag zur Schule gehen können.
Der Konzertierungsausschuss soll als Videokonferenz stattfinden und beginnt um 15 Uhr.
rtbf/vrt/est/pe
Wieso muss eigentlich wieder mal die breite Bevölkerung bestraft werden.... Jeder weiß doch wo die Zahlen her kommen, also sollte man in diesen 2 Sektoren strengere Regeln auferlegen. Da haben die Kontaktberufe und Läden überhaupt nichts mit zu tun, geschweige die Sperrstunde.
Die Politik sollte sich langsam echt mal überlegen, wie glaubwürdig Sie noch ist, wenn tatsächlich alles wieder runtergefahren wird. Das das Gremium für die Exitstrategie, das Land am liebsten ganz platt legen würde, weiß ja jeder. Bestimmte Virologen, reden da ja schon seit Januar davon und machen selber Ihre eigene Politik.. Ich glaub jeder weiß wer gemeint ist....
"müsse man jetzt noch einmal die Zügel anziehen"... hat Herr Vandenbroucke das wörtlich so gesagt?
Herr Vandenbroucke, es mag Ihrer Sichtweise auf die Dinge und Ihrer tiefen Überzeugung entsprechen, uns wie Pferde zu sehen und zu behandeln. Aber wir sind keine Pferde, keine Tiere!
Wir sind Menschen!