Kerzen, Blumen, Regenbogenfahnen: In Beveren fand am Montagabend eine Mahnwache statt zu Ehren von David Polfliet. Eben an dem Ort, an dem er ermordet wurde: einem Park in Beveren, unweit von Antwerpen.
Am Samstagmorgen war dort die Leiche des 42-Jährigen entdeckt worden. Der Mann war offensichtlich übel zugerichtet worden. Schnell stellte sich heraus, dass David Polfliet nicht zufällig dort gewesen war. Am Abend zuvor wollte er sich dort mit einem Mann treffen. David hatte über eine Dating-App, die unter Homosexuellen sehr beliebt ist, ein Rendezvous vereinbart. Er konnte nicht ahnen, dass das Profil seines vermeintlichen Dates gefälscht war.
Hinter dem Fake-Account verbargt sich eine Gruppe von drei jungen Männern. Die hatten ihr Opfer also regelrecht in die Falle gelockt. Als David am Treffpunkt auftaucht, bedrohen sie ihn, wollen ihn zur Herausgabe seines Geldes zwingen. Der Mann weigert sich, es entwickelt sich eine Schlägerei. Dabei zieht einer der Angreifer ein Messer und fügt dem Opfer tödliche Verletzungen zu. So haben die Zeitungen Het Nieuwsblad und Het Laatste Nieuws die Ereignisse rekonstruiert. Beide Blätter berufen sich auf interne Quellen bei der Polizei.
Schon am Tag nach dem Leichenfund meldet sich einer der drei jungen Männer bei der Polizei. Seine beiden Komplizen stellen sich wenig später ebenfalls den Behörden. Nach Informationen von Het Nieuwsblad haben alle drei ihre Beteiligung am Tod von David Polfliet eingeräumt.
Bei den Verdächtigen handelt es sich um drei Minderjährige, wie Annelies Verstraete, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Ostflandern, bestätigte: einen 16-Jährigen und zwei 17-Jährige. Einer von ihnen sei wohnhaft in Antwerpen und sei dort bereits einem Jugendrichter vorgeführt worden. Die beiden anderen Verdächtigen stammten aus Beveren und würden von einem Jugendrichter in Dendermonde angehört. Der junge Mann aus Antwerpen wurde bereits in die geschlossene Jugendhaftanstalt in Everberg überführt.
Ob die drei ausdrücklich eines homophoben Gewaltverbrechens beschuldigt werden, ist noch offen. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, sagte Justizsprecherin Annelies Verstraete. Über die genauen Motive könne man sich also noch nicht aussprechen.
Anscheinend war David Polfliet aber nicht der erste, der auf diese Weise in die Falle gelockt worden war. In den letzten Wochen hatten im Raum Beveren zwei Männer bei der Polizei Anzeige erstattet, nachdem sie ebenfalls geschlagen und ausgeraubt worden waren. Offenbar hatten auch sie über eine Dating-App ein Rendezvous ausgemacht, und auch ihnen wurde am Treffpunkt aufgelauert. Das Muster ist also das gleiche. Beide gaben an, dass sie einer Bande zum Opfer gefallen seien, die es gezielt auf Homosexuelle abgesehen habe.
Wie die Zeitung Het Laatste Nieuws unter Berufung auf unterrichtete Kreise berichtet, gehen die Ermittler davon aus, dass zwischen diesen beiden Fällen und dem Überfall auf David Polfliet ein Zusammenhang besteht. Sollte bewiesen werden können, dass es sich um ein homophobes Hassverbrechen handelt, dann gilt das als erschwerender Umstand, und dann kann der Jugendrichter beschließen, den Fall an ein Schwurgericht weiterzuleiten, auch, wenn die mutmaßlichen Täter erst 16 bzw. 17 Jahre alt sind.
Regenbogenflagge am Sitz des Premiers
Neben anderen hat auch Premierminister Alexander De Croo die Tat scharf verurteilt. Seit dem Mord weht am Sitz des Premiers die Regenbogenflagge. Der Regenbogen gilt als Zeichen der Toleranz, unter anderem der Homosexuellen.
Wie der Premier twitterte, gebe es in unserem Land keinen Platz für Hass. Die Flagge sei als Sympathiezeichen gegenüber der Familie des Opfers zu verstehen, stehe aber auch für die Solidarität mit allen, die ihr Coming-Out machen wollten.
Ein Mord sei ohnehin immer eine Tragödie, so De Croo. Sollte sich aber herausstellen, dass die Tat aus homophoben Motiven geschah, dann wäre das ein Tiefpunkt für unser Land.
Ein Tiefpunkt, ja, aber nicht der erste dieser Art. Im April 2012 war in Lüttich Ihsane Jarfi in einem Park tot aufgefunden worden. Der 32-Jährige war homosexuell. Wie sich herausstellte, wurde er von vier jungen Männern buchstäblich totgeschlagen. Ihnen konnten homophobe Motive nachgewiesen werden. Drei von ihnen wurden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt, der vierte bekam 30 Jahre Gefängnis.
Homosexuellen-Verbände reagierten jedenfalls geschockt auf die Bluttat. Das sei womöglich jetzt der zweite Mord mit homophobem Hintergrund in Belgien. Aber, das sei nur die traurige Spitze des Eisbergs, sagte in der RTBF Wim Raes von der Organisation Tiszo. Homophobie sei nach wie vor ein Riesenproblem. Nur tauche das nicht in den Kriminalstatistiken auf, weil sehr viele Menschen sich einfach nicht trauen, Übergriffe anzuzeigen.
belga/cd/rop
Liebes BRF Team,
Was ist das denn bitteschön für ein Titel? Das könnte man auch weniger boulevardmäßig ausdrücken. Es war ein mutmaßlich homophobes oder homosexuellenfeindliches Motiv, aber "Homo-Mord" ???
Guten Tag,
dem Kommentar kann ich nur unterstreichen. Vor allem impliziert "Homo-Mord", dass Homosexuelle gemordet haben könnten.
Halten Sie beide sich mal am Thema: es geht gerade nicht um Sie. Die Ausdrucksweise hin oder her können Sie ja im Privat Chat dann besprechen...
Hier ist ein Mensch umgebracht worden, von Vollpfosten! Nicht um wer sich wie hier richtig ausgedrückt hat. Der BRF ist doch am Start und berichtet, schmälern Sie diese Tatsache nicht.
Da waren Menschen am Werk, die selbst keinen Zugang zu ihrer eigene Sexualität haben...., sonst wäre das nie passiert! Es geht nicht um Homosexualität im weitesten Sinne, es geht um verklemmte Sexualität und Schäden im Gedankengut und der Emotionalität der Verursacher, der Täter (in diesem Falle). Diese Menschen, die diese Tat begangen haben, werden in ihrem Leben nicht mehr glücklich, weil sie sich die eigenen Zugänge zu ihrer Sexualität gerade genommen haben.
Quasi selbst verstümmelte Eunuchen...
Schade.
Mein Beileid ist bei den Angehörigen und mein Beileid ist bei denen die das verübt haben, aus Unwissenheit wurde Mord!
Da der von uns verwendete Begriff "Homo-Mord" von vielen als unangemessen wahrgenommen wird, haben wir uns in diesem Fall nun für die Formulierung "Mord mit homophobem Hintergrund" entschieden.
Vielen Dank für das Ändern des Begriffs.
Beste Grüße