Internetkriminalität ist ein weites Feld. So weit, dass sich in Belgien verschiedene Dienste damit befassen. Das gilt auch für die Polizei. Eine ihrer Einheiten ist die "Computer Crime Unit". Ihre Aufgaben beziehen sich vor allem auf kriminelle Aktivitäten rund um Informatiksysteme - also beispielsweise Hackerangriffe, Verbreitung von Viren oder Datendiebstahl.
Auf einem anderen Feld, das immer wichtiger wird, ist die sogenannte Sektion "Internetrecherche" aktiv. Sie gehört zur Föderalen Gerichtspolizei und besteht aus einem Team von etwa 20 Spezialisten. Grob zusammengefasst befasst sie sich mit allem, was im Internet frei zugänglich ist und wo der Verdacht auf strafrechtlich relevante Ereignisse vorliegt - also etwa in Sozialen Medien oder auch auf anderen Plattformen. Darunter fällt vieles: etwa Hassreden, rassistische, ausländerfeindliche, sexistische oder homophobe Äußerungen, Belästigung, terroristische Propaganda, aber auch gezielte Desinformation, Falschnachrichten und Verschwörungstheorien.
Mit der Öffentlichkeit hat die Sektion keinen direkten Kontakt, wie ihr Chef Alain Luypaert in der RTBF erklärt. Menschen, die Anzeige erstatten oder einen Inhalt melden wollen, wenden sich also an ihre lokale Polizei. Die beziehungsweise der zuständige Richter entscheiden dann, ob die Unterstützung der Spezialeinheit angefordert werden muss. Die eigentliche Entscheidung, was verfolgt wird, fällen die Staatsanwaltschaften. Seine Sektion sei dann dafür zuständig, den Richtern das Material zur Verfügung zu stellen, so Luypaert.
Schutz der Bevölkerung
Eines betont der Chef der Einheit aber ganz klar: Aufgabe sei nicht, zu zensieren, sondern, die Ordnung und Sicherheit aufrechtzuerhalten. Die zentrale Aufgabe der Polizei sei der Schutz der Bevölkerung. Bei der Suche nach Inhalten im Internet gehe es darum, zu verhindern, dass der Bevölkerung und der Demokratie geschadet werden. Das dürfe man nicht mit Zensur verwechseln. Gesagt werden dürften natürlich auch kritische Dinge im Internet. Aber die Linie, die dabei nicht überschritten werden darf, ist eben, wenn dadurch Menschen zu Schaden kommen können.
Das trifft unter Umständen auch schon zu, wenn Menschen öffentlich dazu auffordern, in Zeiten der Corona-Pandemie keine Mundschutzmasken zu tragen, oder zu illegalen Versammlungen gegen Lockdown-Maßnahmen aufrufen, oder wenn Familienväter nach einer kontroversen Entscheidung eines Schiedsrichters mit einer anderen Hautfarbe bei einem Fußballspiel rassistische Kommentare unter Nachrichtenbeiträgen schreiben, oder Nutzer gewalt- oder terrorismusverherrlichende Inhalte posten. Dann kann die Spezialeinheit gezwungen sein, einzugreifen.
Wobei sie natürlich nicht selbst über einen direkten Zugang zu den betreffenden Plattformen und Internetseiten verfügt, um beispielsweise Inhalte zu löschen. Stattdessen muss sie die Betreiber beziehungsweise Hoster kontaktieren, damit die aktiv werden. Was angesichts territorial begrenzter Zuständigkeiten ein Problem darstellen kann, wie Luypaert einräumt.
Probleme für die Arbeit der Einheit gibt es aber auch in Belgien selbst, nämlich auf gesetzlicher Ebene. So seien etwa die Begriffe "Falschnachrichten" oder "Hassrede" nicht wirklich gesetzlich definiert. Deswegen sei man in solchen Fällen gezwungen, sich nach ministeriellen Beschlüssen und Verordnungen zu richten. Das bedeute, dass verschiedene Gesetze kombiniert werden müssten, um alle Elemente zu erfassen, die eine Straftat ausmachten. Digitale Vergehen sind generell nicht als eigene Straftatbestände gesetzlich geregelt. Das müsse geschehen, fordert Luypaert.
Boris Schmidt