Es geht um ein Haus im äußersten Nordwesten der Île d'Yeu. Das befindet sich, wie die Zeitung L'Avenir berichtet, im Besitz von Herrn und Frau Legrand. Und im Namen von Herrn Philippe Legrand war um eine Baugenehmigung ersucht worden, um dort einen Anbau zu errichten. Größe: 40 Quadratmeter.
Diese Genehmigung wurde im August 2020 auch erteilt - an besagten Herrn Philippe Legrand, wohnhaft in Brüssel - im Stadtschloss. Denn bei Herrn Philippe Legrand handelt es sich nach Angaben lokaler Medien, der Zeitung L'Avenir und auch der RTBF um niemand anderen als König Philippe.
Dass die königliche Familie ihre Ferien gerne auf der Île d'Yeu verbringt, ist kein Geheimnis. Schon gar nicht für die lokale Bevölkerung. Und während in der Vergangenheit Unterkünfte auf der Insel nach Bedarf gemietet wurden, besitzt der König seit 2019 dort ein eigenes Haus. "Legrand" ist laut L'Avenir eben ein Pseudonym, das der König auf manchen Reisen verwendet. Eine Persönlichkeit wie ein König benötigt natürlich auch im Urlaub Personenschutz, und dieser Personenschutz muss untergebracht werden. Deswegen der neue Anbau.
Naturschutzgebiet
So weit, so gut. Allerdings kam die Erteilung dieser Baugenehmigung erst bei einer Gemeinderatssitzung Ende Januar ans Tageslicht. Und die Opposition war "not amused" über die Vorgänge - denn es handelt sich um ein Naturschutzgebiet. Die Opposition wollte vom Bürgermeister wissen, wie diese Genehmigung erteilt werden konnte, denn die entsprechenden örtlichen Küstengesetze sind streng, wie Patrice Bernard von "M'yeu Ensemble" am Montag in der RTBF erklärte.
Laut Gesetz dürfe in diesen Zonen ein Anbau mit einer Fläche von 30 Quadratmetern errichtet werden, nicht einen Quadratmeter mehr, wie der Oppositionspolitiker betonte. Für den König wurde aber eine Baugenehmigung über 40 Quadratmeter erteilt, also ein Drittel größer als erlaubt. Außerdem handelt es sich wohl um einen zweiten Anbau. Das fiel natürlich schon optisch auf und führte zu Fragen an die Gemeinderatsmitglieder.
Anweisung von oben
Die Geschichte stößt manchen Menschen vor Ort sauer auf. Insbesondere jenen, denen in der Vergangenheit auf Basis der gleichen Gesetze der Bau eines zusätzlichen Schlafzimmers oder einer Garage untersagt worden war. Und das empfinde man als Sonderbehandlung, so Bernard. Der Bürgermeister habe aber auch deutlich gemacht, dass er in der ganzen Angelegenheit gar keine Wahl gehabt habe. Denn der Anbau sei schon aus Sicherheitsgründen erforderlich und die Anweisung dafür sei von oben, von der Präfektur, gekommen.
Die Präfektur wiederum bestätigte den lokalen Medien, dass es sich zwar in der Tat um ein Naturschutzgebiet handle, dass aber der lokale Bebauungsplan Ausnahmen vorsehe, wenn sie dem Interesse des Allgemeinwohls entsprächen - was im vorliegenden Dossier der Fall sei. Rein rechtlich sei also alles in bester Ordnung.
Die Opposition im Gemeinderat der Île d'Yeu fühlt sich dennoch übergangen, auch weil es das Rathaus gewesen sei, das letztlich die Genehmigung erteilt habe, ohne dass der zuständige Ausschuss den Antrag unter die Lupe genommen habe. Und besonders bedauerlich findet es die Opposition, dass nicht besser mit der lokalen Bevölkerung über die Vorgänge kommuniziert worden sei. Außerdem sei natürlich die Frage, was man jetzt Menschen antworten solle, die mit ähnlichen Wünschen und Anliegen kämen, so Patrice Bernard. Darauf habe er nämlich keine Antwort mehr.
Sorgen vor wütenden Demonstrationen vor seinem Haus auf der Île d'Yeu muss sich König Philippe wohl trotzdem nicht machen. Es sei einfach eine Frage des Prinzips, unterstrich Bernard laut RTBF. Er persönlich finde die belgische Königsfamilie sehr sympathisch und lade sie ein, bald wiederzukommen.
Boris Schmidt
An der belgischen Küste schert sich niemand um sogenannte Naturschutzgebiete „ zone vert“ . Hier haben die Gemeindebarone das Sagen, sodass auf den „Zone Vert“ in 30 Jahren viele Hochhäuser gebaut wurden. ... und der Bauboom ist eben unaufhaltsam!