Am Donnerstag ist die Zahl der Neuinfektionen nur noch um sechs Prozent gesunken. Bei den Krankenhausaufnahmen ist es ein Minus von sieben Prozent. Das ist zu wenig, sagen die Gesundheitsexperten von Sciensano.
Wenn man genauer hinschaut, dann sieht man, dass die Zahlen in einigen flämischen Provinzen sogar wieder ansteigen. Das geht natürlich gar nicht, denn in den Krankenhäusern liegen immer noch über 3.000 Covid-Patienten, 660 davon auf der Intensivstation. Von Entwarnung kann also keine Rede sein.
Sorglosigkeit
Doch was ist der Grund für diese besorgniserregende Entwicklung? Niemand macht die Wiederöffnung der Schulen oder der Geschäfte für die Situation verantwortlich. Es ist wohl eher eine allgemeine Tendenz, das Ganze nicht mehr so ernst zu nehmen, sagte Sciensano-Sprecher Yves Van Laethem in der RTBF.
"Sobald es besser geht, scheinen viele von uns zu vergessen, wo wir herkommen, und dass es eben nur besser geht, weil wir uns alle an Regeln gehalten haben", so Van Laethem. Also eine Form von Amnesie, die so manchen zu einer gewissen Sorglosigkeit zu verleiten scheint.
Van Laethems Kollege Steven Van Gucht wurde noch konkreter. "Es sind wohl vor allem die nicht-notwendigen Fortbewegungen, die zunehmen", sagte Van Gucht in der VRT. "Und wir wissen, dass das ein Vorbote ist für höhere Infektionszahlen. Und das sehen wir jetzt ja auch." Das heißt, wir alle sollten versuchen, diese nicht-notwendigen Fortbewegungen einzuschränken - etwa indem wir möglichst im Homeoffice bleiben.
Klingt fast so, als würde der eine oder andere über verschärfte Ausgangssperren nachdenken. Für die Politik gilt das aber noch nicht. Die aktuellen Zahlen machen natürlich auch ihr Sorgen, sagte Innenministerin Annelies Verlinden in der VRT. Sie glaube aber, dass die derzeitigen Maßnahmen ausreichen und keine Verschärfungen nötig sind. Nur müsse man nochmal an alle appellieren, sich auch an diese Regeln zu halten.
Aber warme Worte können erfahrungsgemäß nicht alle überzeugen. Dessen sind sich die politisch Verantwortlichen bewusst. Wenn man die Maßnahmen vielleicht nicht verschärft, dann müsse man aber im Gegenzug dafür sorgen, dass die geltenden Regeln eingehalten werden.
Hier seien die Ordnungskräfte gerade sehr aktiv, sagte die Innenministerin. Schon jetzt würden viele Regelverstöße geahndet und die Polizei werde in den nächsten Tagen und Wochen weiter streng auftreten.
Es gehe letztlich um Motivation - auch die Motivation derer, die die Vorgaben einhalten, so Verlinden. Wenn andere die Regeln mit Füßen treten und damit unbehelligt bleiben, dann ist das ein Signal in die falsche Richtung.
Solidarität als Weihnachtsgeschenk
Genau das gab man aber auch in den letzten Wochen immer mal wieder bei der Polizei zu bedenken. Da hörte man Sätze wie: "Wir können noch so viele Bußgelder verhängen, wenn die Justiz am Ende nicht nachkommt, dann bringt das nichts".
Jeder hat ja das Recht, die Feststellung einer Ordnungswidrigkeit anzufechten. Wird die Justiz damit nicht überlastet?
"Das wird nicht passieren", versprach Justizminister Vincent Van Quickenborne in der VRT. Die Staatsanwaltschaften und Gerichte sind vorbereitet. Damit die Leute wissen, dass hier keine faktische Straffreiheit gilt. Wenn die Polizei arbeitet, dann muss die Justiz folgen können, das habe oberste Priorität.
Deswegen nochmal der Appell an die Solidarität aller, sagte Innenminister Verlinden: Das schönste Weihnachtsgeschenk, das wir uns gegenseitig machen können, das wäre, so schnell wie möglich aus dieser Epidemie herauszukommen.
Roger Pint
Eine derart verkürzte Darstellung der Pandemieentwicklung in unserem Land ist m.E. weder informativ und wohl eher kontraproduktiv.
Tatsächlich nämlich stagnieren zur Zeit die Zahlen auf einem nach wie vor rel. hohen Niveau. Dies wird in der Presseschau des BRF auch deutlich.
Warum also diese wenig aussagekräftige Meldung?
Sie vermittelt eher - wie die Kommunikationsfauxpas von DG-Ministern - eine trügerische Sicherheit, die erneut zu einem sorgloseren Umgang mit der Pandemie führt.
Damit werden zu einem Zeitpunkt, wo die 2. Welle noch längst nicht überwunden ist, bereits die Grundlagen für eine 3. Welle geschaffen.
Wer über Lockerungen zu Weihnachten laut nachdenkt, sollte seinen Blick in die USA richten, wo gerade der Thanksgiving-Effekt die Zahlen in die Höhe treibt.
Mit 3260 Toten wurde gestern erneut ein trauriger Rekord aufgestellt.
Und wenn wir schon bei Vergleichen sind.
Wäre es nicht interessant einmal zu hinterfragen, warum die Entwicklung im Norden und Süden der DG zur Zeit wieder so unterschiedlich verläuft?
Mach ein « experte » würde sagen, es liegt an den unterschiedlichen Temperaturen. Es ist erstaunlich dass trotz sinkender Temperatur, die Zahlen nicht ins unendliche steigen. Könnte die Infektion doch an etwas anderem liegen?
Die steigende Zahlen in den USA liegen, denke ich, auch an den maskenlosen Veranstaltungen nach den Wahlen. Es wäre schon interessant zu erfahren für wenn die meisten Angesteckten gewählt haben.
Ein Blick auf die bei Coronafacts veröffentlichte Karte erinnert erschreckend an die Situation im Oktober: Wir haben über das Land verteilt einzelne Cluster, vor allem im Süden und im Westen, von wo aus sich das Infektionsgeschehen über den Rest des Landes ausbreitet; - das kurz vor Weihnachten.
Was jetzt wichtig wäre, gezielt regional gegenzusteuern.
Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region über 400 liegt, dann sollten m.E. alle Schulen vor Ort geschlossen werden und die Menschen das Haus nur noch aus essentiellen Gründen wie bspw. dem Weg zur Arbeit, für Einkäufe oder sportliche Aktivitäten verlassen dürfen.
Die derzeitigen Besuchsregeln sollten unbedingt über Weihachten aufrechterhalten werden. Ob sich die Bürger/-innen daran halten, ist eine andere Frage, entscheidend ist, dass auf diese Weise ein Signal im Hinblick auf den Ernst der Lage ausgesandt wird.
Außerdem: Warum gibt es nicht schon längst kostenlos zertifizierte FFP2-Masken für alle Personen ab 60? Worauf wartet die Regierung diesbezüglich denn noch?!
Vielen Dank, BRF und Roger Pint, für die Anpassung der Meldung. 👍👍👍