15.025 - eine erschreckende Zahl. Über 5.000 Tote sind in der noch immer laufenden zweiten Welle zu beklagen. Für die Woche vom 9. bis zum 15. November waren es im Durchschnitt 184 Menschen, die den Kampf gegen das Virus jeden Tag verloren haben. Der einzige positive Aspekt an diesen traurigen Werten ist, dass auch die täglichen Sterbeziffern inzwischen sinken.
Das Virus trifft nach wie vor am stärksten die Risikogruppen. Aus den Zahlen geht deutlich hervor, wie anfällig gerade ältere Mitmenschen sind. Über 80 Prozent der Todesopfer waren über 75 Jahre alt. Und je höher das Alter, desto schlimmer ist der Krankheitsverlauf leider oft. Betrachtet man etwa nur diejenigen, die älter als 85 Jahre waren, machen sie mehr als die Hälfte aller Opfer aus.
Das bedeutet aber keinesfalls, dass Jüngere komplett gefeit wären. Auch wenn bei ihnen ein tödlicher Verlauf sehr viel seltener ist. Nur 63 der über 15.000 Toten waren etwa zwischen 25 und 44 Jahren alt. Bei den Unter-25-Jährigen sind es nach offiziellen Angaben sogar lediglich vier Fälle im ganzen Land seit Beginn der Epidemie.
Unterschiede gibt es aber auch beim Geschlecht. So sind mit 51 Prozent leicht mehr Frauen als Männer an dem Virus verstorben. Allerdings relativiert sich das, wenn man bedenkt, dass Frauen im Durchschnitt älter als Männer werden. Sie sind also auch in der größten Opfergruppe, den Alten, überproportional vertreten, wie der Epidemiologe Brecht Devleesschauwer von Sciensano in der VRT ausführte. Betrachte man hingegen die Altersgruppe zwischen 44 und 65 Jahren, sehe man, dass hier deutlich mehr Männer als Frauen gestorben sind. Tatsächlich sei es also so, dass infizierte Männer ein größeres Risiko als Frauen liefen.
Unterschiede gibt es aber nicht nur bei den Alters- und Geschlechtsprofilen - sondern auch auf die Regionen des Landes aufgeschlüsselt. Besonders viele Opfer - nämlich über 46 Prozent - hat Flandern zu beklagen. In der Wallonie sind es 39 Prozent, die restlichen knapp 15 Prozent entfallen auf die Region Brüssel-Hauptstadt. Allerdings hat Flandern ja auch eine wesentlich höhere Bevölkerungsdichte als die Wallonie.
Hinzu kommt, dass es bei den Opfern in den verschiedenen Landesteilen auch klare Unterschiede zwischen der ersten Corona-Welle und der zweiten gibt. In der Wallonie sind nämlich in absoluten Zahlen während der zweiten Welle, also seit dem 31. August, mehr Menschen als im Norden des Landes gestorben.
Außerdem dürfe man bei solchen Vergleichen nicht nur die absoluten Zahlen betrachten, warnte der Epidemiologe Devleesschauwer. Vielmehr seien hier die relativen Werte, also die Todesfälle bezogen auf 100.000 Einwohner aussagekräftiger.
Und nach denen steht Flandern innerhalb Belgiens seit Beginn der Epidemie eigentlich noch am besten da. Hier sind es nämlich dann nur rund 30 Todesfälle je 100.000 Einwohnern. In der Wallonie liegt dieser Wert mehr als doppelt so hoch. Und auch in Brüssel liege er um rund 80 Prozent höher als in Flandern. Und das sind die Werte fürs das ganze bisherige Jahr. Grenzt man den Zeitraum auf die erste Welle ein, dann war Brüssel sogar der traurige Spitzenreiter.
Aller Tragik und Schwere der zweiten Welle zum Trotz sollte man aber auch festhalten, dass sie bislang nicht so schlimm wie die erste ausgefallen ist. Das liegt auch daran, dass die Überlebenschancen für Infizierte mittlerweile deutlich höher sind als zu Beginn der Pandemie. Damals war das Gesundheitswesen von einem unbekannten Feind fast überrannt worden. Das ist jetzt anders: Wissenschaftler und vor allem auch Ärzte haben sehr viel über das Virus und auch die Behandlung von Infizierten gelernt, auch wenn hier weiter noch viel Luft nach oben ist.
Und das ist etwas, das alle, auch gerade hinsichtlich der Weihnachtszeit und des Jahresendes nie vergessen sollten. Nicht umsonst warnte Premierminister Alexander De Croo erst am Mittwoch im flämischen Fernsehen davor, übermütig zu werden. Das Allerletzte, was man wolle, sei doch eine dritte Welle, die man dann vielleicht später "Weihnachts-Welle" nennen müsse, so De Croo.
Auch die bekannte Virologin Erika Vlieghe mahnte in der RTBF zur Vorsicht. Es gebe keine Garantie, dass die Kurven ihren Abwärtstrend fortsetzen würden, so Vlieghe. Einen Rückfall müsse man unbedingt vermeiden und das Virus zirkuliere noch immer sehr stark.
Corona: De Croo stimmt auf Einschränkungen beim Weihnachtsfest ein
Boris Schmidt