Engie Electrabel plant für seine Atomkraftwerke nur noch bis 2025. Alle Maßnahmen, die nötig wären, die Reaktoren auch danach noch am Netz halten zu können, will der Energiekonzern streichen. Das hat der Chef der Nuklear-Sparte von Engie in einer internen Botschaft der Belegschaft mitgeteilt. Darin heißt es: Die neue Regierung mache ernst mit dem Ausstieg. Engie könne daher nicht Dutzende Millionen Euro zusätzlich investieren.
Damit könnte Engie der Politik eine zentrale Entscheidung abgenommen haben. Bisher war es für die Regierung nämlich eine Option, die beiden jüngsten Atomreaktoren Doel 4 und Tihange 3 länger zu betreiben, wenn sie für die Versorgungssicherheit unverzichtbar sind. Diese Option ist offenbar vom Tisch, wenn die Regierung wie geplant erst Ende kommenden Jahres ihre Bestandsaufnahme zur Stromversorgung machen will.
Trotzdem hält die neue Energieministerin Tine van der Straeten von Groen am Zeitplan fest. Sollte es dann ein Problem mit der Versorgungssicherheit geben, dann werde die Regierung entsprechend gegensteuern, sagte Tine van der Straeten in der VRT - nur die Möglichkeit auf Atomkraft zu setzen, ist dann wohl weg. Denn die Entscheidung müsse jetzt fallen und nicht erst nächstes Jahr, sagt Engie. Das Unternehmen braucht entsprechend Vorlaufzeit, um alle nötigen Maßnahmen für eine Laufzeitverlängerung umzusetzen. Nächstes Jahr sei es dafür zu spät.
Dass der Regierung eine Option wegbricht, sieht Tine van der Straeten eher als Chance. Sie glaubt, dass die Stromversorgung schon 2025 ohne Atomkraft auskommt. Jetzt sei der Weg frei, für mehr erneuerbare Energien. Denn jetzt gebe es Sicherheit für all die "Bob der Baumeister", wie sie sie nennt, die in erneuerbare Energien investierten.
Dabei stockt genau dieser Ausbau in Belgien. Gerade erst hat Belgien eine Strafe von der EU erhalten. Belgien hätte dieses Jahr aus erneuerbaren Quellen 13 Prozent seines gesamten Energiebedarfs decken sollen. Gemeint ist nicht nur Strom, sondern auch Energie für Verkehr, Industrie, Heizungen und so weiter. Belgien wird dieses Jahr aber nur bei knapp zwölf Prozent liegen.
Damit in Belgien nach 2025 die Lichter nicht ausgehen, gibt es immer mehr Anbindungen an die Hochspannungsnetze der Nachbarländer. Dazu zählt auch Großbritannien und gerade erst ist eine Hochspannungsleitung nach Deutschland eingeweiht worden. Allein über diese Leitung kann so viel Strom geliefert werden, wie ein Atomreaktor produziert
Dass Belgien 2025 wohl nicht mehr auf zwei Atomreaktoren in der Hinterhand setzen kann, sorgt unter anderem N-VA-Chef Bart de Wever. Der Zeitung De Tijd sagte er, weil sich die neue Regierung wegen eines dogmatischen, grünen Vetos erst nächstes Jahr mit der Versorgungssicherheit befassen wolle, würden die Kosten unberechenbar und 1.000 Jobs verloren gehen. Stattdessen beschreite die Regierung den Weg zu klimaschädlichen Gaskraftwerken, steigenden Strompreisen und einer wackligen Versorgungssicherheit. Gerade in Flandern sei das eine Gefahr für den Wohlstand, weil hier viele energieintensive Betriebe ansässig seien.
Tine van der Straeten mahnt hingegen: Jetzt sei es an der Zeit, den Umbau der Energieversorgung in Belgien voranzutreiben. Schließlich zwinge auch Europa Belgien dazu. Ihre Aufgabe als Energieministerin sei es, Belgien bis 2050 klimaneutral aufzustellen. Eine große Herausforderung. Bevor die Lage sich bessere, werde sie zunächst einmal schlechter.
Olivier Krickel