Premierminister Alexander De Croo hat sich am Montag in der RTBF zu beiden Themen geäußert: Zur Wahl von Joe Biden zum neuen US-Präsidenten und auch zur Corona-Krise. In beiden Geschichten sieht der föderale Regierungschef Grund zur Hoffnung.
"Sind Sie erleichtert nach der Abwahl von Trump?". Diese Frage würde wohl kein politisch Verantwortlicher mit einem vollmundigen "Ja!" beantworten. Das gehört sich nicht auf dem diplomatischen Parket. "Es liegt nicht an uns, darüber zu urteilen", sagte denn auch Premierminister Alexander De Croo in der RTBF. "Was wichtig ist: Der demokratische Prozess in den USA, der ja gewaltig unter Druck stand, nun, dieser Prozess, der hat funktioniert."
De Croo wurde dann aber doch noch ein bisschen präziser. Was für ihn wichtig ist, das sei vor allem, dass sich der Umgangston ändern werde, sagte der Premierminister. Zudem sei Joe Biden ein Mann, der an den Multilateralismus glaube, daran, dass wir die globalen Probleme nur zusammen angehen können. Dass eine Weltmacht wie die USA auf Zusammenarbeit setzen will, das sei gerade für ein kleines Land wie Belgien eine gute Neuigkeit.
Auf Twitter hatte De Croo zuvor auch noch hervorgehoben, dass mit Kamala Harris auch die erste Frau und zudem eine nicht-weiße Frau das Amt der Vizepräsidentin bekleiden wird. Sie werde ein unglaubliches Vorbild sein für viele junge Mädchen in der ganzen Welt, der lebende Beweis, dass Mädchen und Jungs die gleichen Rechte und die gleichen Möglichkeiten haben.
Doch richtet sich der Blick des föderalen Regierungschefs natürlich auch und vor allem auf den eigenen Verantwortungsbereich. Nicht vergessen: Wir sind gerade in die zweite Lockdown-Woche gestartet. Einige Zahlen haben sich verbessert: So haben sich zuletzt wieder deutlich weniger Menschen mit dem Coronavirus angesteckt, ein Minus von 40 Prozent. Auch die Zahl der Krankenhausaufnahmen geht leicht zurück. Das ist bestimmt eine gute Neuigkeit, sagte Alexander De Croo. Die Zahlen scheinen in die richtige Richtung zu gehen. Doch bleibt die Lage weiterhin sehr ernst, vor allem in den Krankenhäusern.
Tatsächlich liegen ja immer noch knapp 7.000 Covid-Patienten in den Kliniken des Landes, knapp 1.500 von ihnen auf der Intensivstation. Der Druck, der auf den Krankenhäusern lastet, ist nach wie vor enorm. Mal ganz davon abgesehen, dass die Zahl der Covid-Toten noch steigt. Im Moment sind es im Durchschnitt 180 pro Tag.
Entsprechend nuanciert ist denn auch die aktuelle Analyse des Premiers. Auf der einen Seite sehen wir, dass die Maßnahmen offensichtlich Wirkung zeigen, also die Anstrengungen der Bürger, dieses Teams von 11 Millionen Belgiern. Auf der anderen Seite bleibt die Lage aber enorm gefährlich:
Diese ersten Lichtblicke, die sollten uns anspornen, sagt De Croo. Bei allen Einschränkungen und Unannehmlichkeiten sehen wir, dass das alles nicht umsonst ist. Und damit helfen wir vor allem den schwächsten unter uns. Das gibt uns eine Perspektive, auf die man aber noch keine Zahl setzen kann. "Ich habe keine Glaskugel", sagt De Croo. Wir werden bei Zeiten die Situation bzw. die Maßnahmen aufs Neue bewerten. Wir werden das tun auf der Grundlage von Zahlen und unter Einbeziehung von Fachleuten. Und, ganz wichtig: Wir werden uns da nicht unter Druck setzen lassen, von niemandem.
In der Vergangenheit habe man sich vielleicht zu oft von externem Druck beeinflussen lassen, sagt De Croo. Das ist also eine Botschaft an die verschiedenen Lobby-Verbände, nach dem Motto: "Wir werden uns nicht mehr verrückt machen lassen". Die Einsicht scheint also zu reifen, dass man diesmal nicht zu schnell zu viele Schrauben lockern wird...
Denn, so sagt De Croo: Inzwischen müssen wir doch einsehen, dass die Corona-Maßnahmen und die Wirtschaft sich nicht gegenseitig ausschließen. Vielmehr sehen wir, dass es wirtschaftlich und haushaltspolitisch nur besser gehen kann, wenn die sanitäre Krise unter Kontrolle ist. Das heiße auch, dass jeder weiter seinen Beitrag leisten muss, damit die Lage nicht wieder außer Kontrolle gerät.
Roger Pint