Ab 2024 muss die Wallonie mit deutlich weniger Geld aus Flandern auskommen. Innerhalb von zehn Jahren fließen dann 3,3 Milliarden Euro weniger Transferleistungen vom Norden in den Süden.
Jetzt gibt es keinen Joker mehr, den man ziehen könnte, sagt Olivier de Wasseige am Donnerstag in einem Interview mit der Zeitung La Libre. Programme zur Wirtschaftsförderung wie Get Up Wallonia dürften nicht nur dazu dienen, die Corona-Krise zu überwinden. Stattdessen brauche es strukturelle Reformen, um den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wandel zu bewältigen.
De Wasseige setzt bei den Arbeitnehmern an. Junge Menschen sollen wissen, dass sie auch künftig attraktive Jobs in der Wallonie finden. Aber jeder müsse auch zu lebenslangem Lernen bereit sein. Und es gelte, diese Menschen dauerhaft in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Die öffentlichen Haushalte ruft De Wasseige dazu auf, Steuergeld achtsamer einzusetzen. Bei jeder Ausgabe müsse geprüft werden, ob die Gelder effizient eingesetzt werden. Ob öffentliche Dienste nicht etwas machen, was andere Organisationen schon anbieten. Dabei dürfe es keine Tabus geben.
Beim Thema Forschung und Entwicklung blickt De Wasseige ein wenig neidisch auf Flandern. Dort gibt es mit IMEC ein Zentrum für Microelektronik und Nanotechnik, das weltweit anerkannt ist. Vergleichbares suche man in der Wallonie vergebens. Stattdessen sei die Forschung auf 19 Standorte mit verschiedenen Schwerpunkten verteilt.
Daneben fordert De Wasseige, die Industrie zu fördern. Das produzierende Gewerbe ist im Vergleich zum EU-Durchschnitt unterrepräsentiert. Dabei ziehen Industriestandorte weitere Wirtschaftszweige im Dienstleistungsbereich nach und schaffen Arbeitsplätze.
Kritisch sieht De Wasseige die belgische Energiepolitik. Seiner Meinung nach ist es utopisch, nach 2025 ganz auf Atomkraft zu verzichten. Gerade wenn man neue Industrien ansiedeln wolle, brauche man ausreichend, bezahlbare, CO2-neutrale Energie, so De Wasseige. Wenn er sehe, dass erneuerbare Energien nur langsam voran kämen, könne die Wallonie derzeit auf Kernenergie nicht ganz verzichten.
Olivier Krickel
Ein wichtiger und zugleich wunder Punkt der in dem Artikel seitens des Unternehmerverbandes angesprochen wird.
Objektiv gesehen hat Wallonien bereits vor Jahrzehnten den Anschluss verloren, sowohl innerhalb Belgiens als auch innerhalb Europas.
Zu einem fehlenden Narrativ und Schwerpunkten der Wirtschaftsförderung, gesellt sich meistens noch äußerst inkompetente Politik der wallonischen Regionalregierung. Leider steht die PS vor allem für Korruption und Vetternwirtschaft, die den Strukturwandel nicht verstehen will, die auf die Fragen von heute und morgen, die Antworten von vorgestern gibt. Fehlende Reformbereitschaft und Realitätsverweigerung haben zu dem traurigen Zustand geführt, den man von Liège über Charleroi, Mons bis Tournai sehen kann.
Die Lösung eines Problems beginnt mit der Feststellung, dass man eins hat.
Der Sumpf von Korruption und Inkompetenz muss endlich trocken gelegt werden!