In den drei Sprachen hat der neue Premierminister Alexander De Croo seinen Amtseid vor König Philippe abgelegt. Das ist also quasi der Schlusspunkt und Anfang zugleich, das Ende der politischen Dauerkrise. 494 Tage nach der Wahl vom 26. Mai 2019 hat das Land endlich wieder eine vollwertige und handlungsfähige Regierung.
De Croo steht einer bunten Mannschaft vor. Bunt erst mal im politischen Sinne: Die Vivaldi-Koalition besteht aus sieben Parteien. Zusammengeschlossen haben sich die Sozialisten, Liberalen und Grünen aus beiden Seiten der Sprachgrenze, plus die CD&V, also die flämischen Christdemokraten.
Also vier Familien, wenn auch die christdemokratische nicht vollzählig ist. Vier ziemlich bunte Familien, da ist man im Geiste schnell bei den vier Jahreszeiten und deswegen hat man die Konstellation denn auch Vivaldi-Koalition genannt.
Wer sieben Parteien sagt, der sagt auch sieben Vizepremierminister, zusammen mit dem Regierungschef bilden sie das sogenannte Kernkabinett.
Für die PS ist das Pierre-Yves Dermagne, der für Wirtschaft und Beschäftigung zuständig sein wird. Ihn kennt man ja aus der wallonischen Regierung. MR-Vizepreministerin wird auch eine alte Bekannte: Sophie Wilmès, die Außenministerin wird. Finanzminister und CD&V-Vizepremier wird Vincent Van Peteghem. Er war der breiten Öffentlichkeit bislang noch nicht wirklich bekannt.
Auch die beiden grünen Parteien werden durch Neulinge vertreten: Georges Gilkinet wird Ecolo-Vizepremier und für Mobilität zuständig sein. Seine Groen-Kollegin Petra De Sutter wird den Bereich Staatsbetriebe übernehmen.
Die SP.A macht demgegenüber einen wirklich "alten Hasen" zum Vizepremier, nämlich Frank Vandenbroucke. Seine Benennung war eine faustdicke Überraschung. Der rote Altmeister hatte sich vor zehn Jahren aus der aktiven Politik zurückgezogen. Er wird in diesen Corona-Zeiten ein schwieriges Ressort übernehmen, nämlich Gesundheit und Soziales. Auch der neue Justizminister und OpenVLD-Vizepremier Vincent Van Quickenborne hat schon Regierungserfahrung.
Die wichtigsten Ressorts liegen also quasi schon fast alle in den Händen der Vizepremiers. Da fehlen im Grunde nur noch zwei: Das Innenministerium geht an die CD&V. Annelies Verlinden, die das Ressort übernimmt, war ebenfalls bislang noch nicht wirklich bekannt.
Gleiches gilt für die PS-Politikerin Ludivine Dedonder, die die neue Verteidigungsministerin wird. Sie ist die erste Frau auf diesem Posten. Die PS bekommt mit Karine Lalieux auch noch die Pensionsministerin. Die rote Kollegin Meryame Kitir wird für die SP.A Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit.
Die MR wird auch über einen zusätzlichen Minister verfügen, nämlich David Clarinval, der für den Mittelstand und die Landwirtschaft zuständig sein wird. Die beiden grünen Parteien stellen auch noch jeweils eine zweite Ministerin: Zakia Khattabi (Ecolo) wird Umwelt- und Klimaministerin, Groen-Kollegin Tinne Van der Straeten wird für Energie zuständig sein.
Staatssekretäre
Hinzu kommen noch fünf Staatssekretäre. Besonders viel Sichtbarkeit dürfte der PS-Politiker Thomas Dermine bekommen, denn er wird als Staatssekretär allein für die wirtschaftliche Wiederbelebung zuständig sein. Ebenfalls wichtig wird Eva De Bleeker, OpenVLD, die Haushaltsstaatssekretärin wird.
Der CD&V-Politiker Sammy Mahdy wird Staatssekretär für Asyl und Migration. Sarah Schlitz (Ecolo) wird für Chancen- und Geschlechtergleichheit zuständig sein. Und Mathieu Michel - der Bruder von Charles Michel - schließlich wird sich um die Digitale Agenda kümmern.
Drei Feststellungen
Auf den ersten Blick fällt auf: Die Koalition hat ihr Versprechen eingelöst: Das Kabinett besteht zur Hälfte aus Frauen. Einen kleinen Abstrich muss man da machen: Im Kernkabinett sind die Männer immer noch in der Mehrzahl, es gibt nur zwei Vizepremierministerinnen. In diesem Zusammenhang muss man aber hinzufügen, dass mit der PS-Politikerin Eliane Tillieux zum ersten Mal eine Frau den Vorsitz der Kammer übernehmen wird.
Zweite Feststellung: Viele wichtige Zuständigkeiten gehen an flämische Parteien: Finanzen, Inneres, Gesundheit, Justiz, Energie - um nur die wichtigsten zu nennen.
Dritte Feststellung: Die CD&V ist - gemessen an ihrem Gewicht - recht gut bedient mit den Zuständigkeiten für Finanzen, Inneres, sowie Asyl und Migration.
Insgesamt kann man sagen, dass jede Familie eigentlich genau die Ressorts bekommt, die ihr jeweils am Herzen liegt. Besonders deutlich ist das bei den Grünen und den Sozialisten zu sehen.
Eine junge, frische und bunte Equipe geht da an also an den Start. Im Idealfall bis 2024.
Roger Pint
Messen wir die neue Regierung an ihren Taten, nicht an ihren Worten.
Die Minister und Staatssekretäre werden gut bezahlt und da kann der Bürger auch einiges verlangen.
Hoffen wir das aus dem VIVALDI kein VIVE ALDI wird....
Abwarten und Ruhe bewahren ! Frank Vandenbroucke , kenne ich seit 1979 , ein guter Mann !! Diese Regierung soll ihre Chance bekommen !
Was die NVA & VB verkünden ist reine Partei Propaganda und Querulantentum , dahinter stecken die Parteiziele "Republik Vlaanderen" und ein recht eigenartiges
Demokratieverständnis , dass dem alten glücklich überwundenen Nationalstaatengedankengut verherrlicht. Belgien bleibt Belgien in seiner Einheit, auch, wenn wir in der EU einer Gemeinschaft angehören, welche aus diversen unterschiedlichen Kulturen und Mentalitaeten besteht.