Urlaub machen ist dieses Jahr ein besonders heikles Thema. Nachdem während der Hochphase der Corona-Pandemie die Grenzen in Europa zugegangen waren, folgte nach der Wiederöffnung in Belgien im Juli das berühmt berüchtigte System der Reiseampel. Darin war unter anderem festgelegt, dass Belgier nicht mehr in "rote" Zonen - als Hochrisikozone deklarierte Gebiete - reisen durften. Das wird sich diesen Freitag aber ändern.
Ab diesem Freitag werde man von "Reiseempfehlungen" sprechen, erklärte Außenminister Philippe Goffin am Freitagmorgen den Beschluss in der VRT und nicht mehr von "Reiseverboten". Die Reiseampel an sich bleibt aber, wie sie ist. Die anderen Länder werden also nach wie vor in grüne, orange oder eben rote Zonen eingeteilt. Je nachdem, wie hoch die Coronavirus-Infektionsrate in den entsprechenden Gebieten und damit das Risiko für eine Ansteckung eben ist.
Quarantäne und Test bleiben Pflicht
Was genauso bleibt, sind auch die Maßnahmen, denen sich Belgier bei ihrer Rückkehr aus einer roten Zone unterziehen müssen. Und das wollte Goffin deutlich festgehalten haben: Wer aus einer roten Zone zurückkehrt, für den gelten weiterhin die Quarantäneregeln, heißt also: zwei Wochen Isolation. Und auch der vorgeschriebene Corona-Test bleibt.
Der Grund dafür liegt auf der Hand, sagte Goffin: In diesen roten Gebieten herrsche eine erhöhte Ansteckungsgefahr. Das Reisen dorthin, auch wenn es jetzt nicht mehr untersagt sei, bleibe eine heikle Angelegenheit, betonte er in der RTBF. Deswegen empfehle er deutlich, nicht dorthin zu reisen, nur formell verboten werde es nicht mehr. Trotzdem müsse aber die Gesundheit der Menschen weiter absoluten Vorrang genießen.
Europaweit einheitliche Regelungen
Der einzige effektive Unterschied: Belgier, die trotz der Warnungen in rote Zonen reisen, riskieren keine Strafe mehr. Eine Änderung kosmetischer Natur also, könnte man meinen. Das stimmt aber nur bedingt, es ist nämlich vor allem eine Formalität. Und zwar eine notwendige.
Dass Belgien zur Vor-Corona-Formulierung für Reisehinweise zurückkehrt, hat mit Europa zu tun. Genauer gesagt mit dem Versuch, europaweit einheitliche Reiseregelungen zu schaffen. Bisher ist es ja so, dass jedes Land selbst entscheidet, ob und wie es die jeweils anderen Länder in Sachen Corona und Reisen klassifiziert. Gesundheitspolitik ist eine nationale Befugnis.
Goffin wünscht sich hier eine einheitliche europäische Karte, in der die einzelnen Zonen von allen EU-Staaten nach dem gleichen Farbsystem eingeordnet werden. Also dass beispielsweise nicht ein- und dieselbe Region für Reisende aus Frankreich, Spanien, Belgien oder Deutschland zur gleichen Zeit unterschiedliche Farbcodes und damit unterschiedliche Reiseempfehlungen habe. Daran arbeite man in der EU seit mehreren Wochen intensiv, auch auf Anregung Belgiens.
Bürger in der Verantwortung
Das Ziel sei eine bessere Koordination der Europäer untereinander, erklärte Goffin. Belgien sei das einzige Land, das Verbote ausgesprochen habe. Und um in der Vereinheitlichungsdebatte voranzukommen, beziehungsweise um der Kohärenz willen, habe sich Belgien eben wieder an die anderen Länder angepasst. Dass Belgien während der Hochphase der Epidemie überhaupt Verbote ausgesprochen habe, sei eine Ausnahmeentscheidung gewesen, die mit dem strikten Lockdown zu tun gehabt habe.
Seitdem seien die Einschränkungen aber Schritt für Schritt aufgehoben worden, erklärte Goffin. Und dieses Prinzip werde jetzt eben auch auf das Reisen angewendet. Damit verbunden sei auch eine Verlagerung der Verantwortung. Jetzt seien es dann wieder die einzelnen Bürger, die verantwortlich für ihre Entscheidungen zeichnen würden. Statt auf Strafen zähle er darauf, dass sich die Menschen selbst der Risiken bewusst sein würden, denen sie sich und auch ihre Angehörigen aussetzen, so Goffin.
belga/est
Ein längst überfälliger Schritt!
Weg von einer Bevormundung durch den Staat, hin zu mehr Eigenverantwortung der Bürger.
Sehr richtig,Elian Schulte!
Das sind die besten Worte seit langem in diesen Foren!
Danke!
Das Zurückrudern der MR-Regierung hat seine praktischen Gründe.
Nämlich ausgerechnet das Föderale Königreich ist nun als Rote Zone bei den Nachbarnationen eingestuft worden.
Die Sorge, dass einige der Nachbarnationen sämtliche Aktionen der einseitig durchgeführten Grenzabrieglungen gegen Sie nicht einfach so schnell vergessen werden, dürfte den MR-MP dazu bewegt haben, zu reagieren, bevor eines Tages die Grenze mal zur Ausnahme von der anderen Seite als kleine Revanche gegen Flamen und Wallonen penibel kontrolliert wird.
Eigenverantwortung der Bürger?? Das Resultat haben wir ja jetzt, niemand hält sich an nichts... Ist ja alles Blödsinn.. Das Resultat ist da.. Hoffentlich bekommen die Besserwisser jetzt mal am eigenen Leib zu spüren was das heißt.
Super, dann können wir ja wieder in unser Land einreisen denn seit heute ist Belgien rote Zone.
Am Montag hat Belgien die Marke von 120 Corona Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner pro 14 Tage überschritten.
Damit gilt das Land als Risikogebiet.
Grenzen wieder schliessen, Toilettenpapier wieder Hamstern..?
@Manz Hannelore: Die meisten Menschen stecken sich bei Zusammenkünften mit Familienangehörigen und Freunden in Privatwohnungen an.
Wie wollen Sie das Problem anders lösen, als durch Appelle?
Es kann ja keine Lösung sein, wenn Nachbarn sich gegenseitig anschwärzen, weil plötzlich mehrere Personen zu Gast sind. Dadurch würde das nachbarschaftliche Klima für sehr lange Zeit vergiftet werden.
Eigenverantwortung der Bürger: Vorsicht mit den Reiseversicherungen! Für die Reiseagenturen wird es schwieriger.