Am Mittwochabend war der CD&V-Vorsitzende, Joachim Coens, im flämischen Fernsehen zu Gast. Und was er da von sich gab, ließ aufhorchen. Dass eine neue Föderalregierung möglicherweise keine Mehrheit mehr auf flämischer Seite haben könnte, ist für Coens kein Hindernis mehr.
Die Beteiligung der N-VA an einer Regierung macht er nicht mehr zur Bedingung. Die CD&V sei nicht das Anhängsel einer anderen Partei.
Entweder man sei in der Regierung oder in der Opposition. Angst habe man vor keiner der beiden Optionen, so Coens. Die CD&V will Koalitionsgespräche führen, aber selbstbewusst. Dabei gehe es in erster Linie um Inhalte:
Um zu verdeutlichen, dass die CD&V nicht mehr als reiner Mehrheitsbeschaffer einer Vivaldi-Koalition fungieren will, würde Coens am liebsten auch nicht mehr von Vivaldi sprechen, sondern von Avanti. Will heißen: Vorwärts.
Es ginge um ein Land, das nach vorne muss. Das Land brauche eine Regierung mit absoluter Mehrheit.
Wie diese Regierung zusammengestellt wird, sprich welche Partei welche Minister stellt, und wer Premierminister sein wird, ist für Coens derzeit noch nicht relevant. Das Wichtigste sei, wie regiert wird, und vor allem, wie die neue Regierung das Vertrauen der Bevölkerung wiedererlangt.
Die CD&V sei immer konstruktiv gewesen, eine Lösung zu finden. Solange man sich gut fühle und im Zentrum dieser Koalition stünde, dann sei man mit im Boot, erklärt der CD&V-Vorsitzende.
Im Zentrum der Koalition heißt, dass Coens nur dann einsteigen will, wenn die drei anderen politischen Familien, sprich Sozialisten, Grüne und Liberale, die Werte mittragen, für die die CD&V steht. Für die flämischen Christdemokraten sind da traditionell ethische Themen sehr wichtig. Und da vor allem eine mögliche Reform des Abtreibungsgesetzes. Da ist die CD&V weiterhin nicht für zu haben. Auch in Sachen Staatsreform müssen die nächsten Schritte genommen werden. Coens sagte aber, dass es nicht alleine um Abtreibung oder Euthanasie ginge, sondern um das gesamtgesellschaftliche Zusammenleben.
Das 21. Jahrhundert werde das Jahrhundert der Ethik sein, so Coens. Dabei gehe es darum, wie der Staatsapparat funktioniert, aber auch um nachhaltiges Wirtschaften.
Die CD&V ist für eine stärkere Betonung der Identität. Jeder Mensch zähle und die Menschen wollen Anerkennung, Geborgenheit und Nähe, so Coens.
Denn eines habe die Corona-Krise gezeigt: Den Menschen sind ihre Nachbarschaft und Umgebung sehr wichtig. Und vor allem auch, dass es eine Gesundheitsversorgung gibt.
Volker Krings