Diesen Sommer war die Auswahl an möglichen Reisezielen durch die Corona-Krise stark eingeschränkt. Selbst Destinationen, die an einem Tag noch erlaubt waren, konnten sehr schnell zu Sperrgebieten werden. Gerade für Flugreisende eine nervenaufreibende Lotterie. Da war es nur logisch, dass sehr viele Menschen sich dafür entschieden haben, ihre Ferien im - relativ betrachtet - näheren Ausland zu verbringen - das, der Planungssicherheit wegen, auch sehr häufig mit dem eigenen Fahrzeug.
Allein im August sind nach Schätzungen rund 2,4 Millionen Belgier von einem Aufenthalt im Ausland zurückgekehrt. Davon zwischen einer halben Million und 700.000 innerhalb der letzten zwei Wochen. Fast die Hälfte von ihnen hat sich für ihren Urlaub für Spanien und Frankreich entschieden. Zwei Länder, in denen die Corona-Zahlen rasant steigen und fast schon täglich neue Gebiete zu Hochrisikozonen erklärt werden müssen.
Die Frage, wie viele der mit dem eigenen Auto reisenden Menschen tatsächlich das bei Auslandsreisen vorgeschriebene Rückkehr-Formular ausgefüllt haben, kann niemand wirklich beantworten, weil es keine flächendeckenden Kontrollen an den Grenzen gab. Gleiches gilt aber auch für die Belgier, die von Flughäfen im benachbarten Ausland aus in Länder gereist sind, die für sie eigentlich tabu waren. Wie immer gibt es neben den Pflichtbewussten auch die, die versuchen, sich durchzuschummeln - die also den Behörden lieber nicht mitteilen wollen, dass sie in einer roten Zone waren, um nicht zu riskieren, zu zwei Wochen zu Hause bleiben verdonnert zu werden. Und dabei ist ihnen entweder egal, dass sie vielleicht eine Gefahr für andere darstellen. Oder sie hoffen einfach, schon nicht zu den geschätzt zwei Prozent Rückkehrern zu gehören, die corona-positiv aus einer roten Zone zurückkommen.
Effektive Kontrollen sind äußerst schwierig. Das gab auch Premierministerin Sophie Wilmès am Montagmorgen in der RTBF zu. Man setze, wie seit Beginn der Krise, auf die kollektive Intelligenz und das Verantwortungsbewusstsein, so Wilmès. Dazu müssen die Bürger aber auch den Sinn und Zweck dieser Maßnahmen verstehen. Genau hier versuchten die Gesundheitsexperten des Nationalen Krisenzentrums am Montag, Überzeugungsarbeit zu leisten. Quarantäne bedeute, sich zwei Wochen lang von seinen sozialen Kontakten zurückzuziehen, erklärte der Epidemiologe Yves Van Laethem. Der Grund dafür sei, dass sich eine Ansteckung nicht sofort zeige. Im Durchschnitt dauere es fünf bis sechs Tage, bis Patienten eine Infektion entwickelten.
Die Inkubationszeit könne auch bis zu 14 Tage betragen. Um dieses Zeitfenster abzudecken, müsse man eine zweiwöchige Quarantäne einhalten. Selbst wenn ein Test per Nasenabstrich früh nach der Rückkehr negativ ausfalle, müsse das nicht bedeuten, dass man auch negativ bleibe, warnte Van Laethem. Das könne zum Beispiel daran liegen, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht genug Virusmaterial für eine Detektion vorhanden sei. So ein erster Test könne einen also beruhigen, bedeute aber ganz sicher nicht, dass man die Quarantäne nicht mehr befolgen müsse. Weil die Infektion eben erst später zu Tage treten könne.
Appell an Arbeitnehmer
Yves Stevens vom Krisenzentrum appellierte auch noch einmal explizit an die Arbeitnehmer, sich an diese Vorsichtsmaßregeln zu halten. Man begreife, dass das für die Menschen sicher nicht angenehm sei. Und auch, dass es beim Arbeitgeber zu praktischen Problemen führen könne. Aber sowohl Arbeitnehmer, als auch Arbeitgeber müssten hier ihre Verantwortung übernehmen.
Indem man sich an die Quarantäne halte, schütze man die Gesundheit seiner Kollegen und man verhindere, dass der eigene Betrieb zu einem Infektionsherd, einem Coronavirus-Cluster werde, betonte auch Antoine Iseux. Weil damit werde sicher keinem geholfen. Ein Appell, den auch die Premierministerin deutlich formulierte: Menschen, die ein Risiko eingegangen seien, sollten sich, um ihrer Mitmenschen und ihrer Lieben willen, bitte testen lassen und an die Quarantäne-Regeln halten, so Wilmès.
Boris Schmidt