Wer schon einen Corona-Test hinter sich hat, der weiß es aus eigener Erfahrung. Aber auch für alle anderen gehört nicht allzu viel Fantasie dazu, um sich vorzustellen, dass es ganz sicher Angenehmeres gibt, als ein Probenahmestäbchen tief in die Nase eingeführt zu bekommen.
Neben der für Patienten oft sehr unangenehmen Erfahrung gibt es aber noch weitere Faktoren, die beim Nasenabstrich negativ ins Gewicht fallen. Zum einen muss der Test durch Fachpersonal durchgeführt werden, ist also arbeitsintensiv. Das begrenzt die Anzahl an Tests, die durchgeführt werden können. Ein Punkt, der gerade bei einem möglichen Wiederaufflammen der Epidemie nicht zu vernachlässigen ist.
Oder auch, wenn die Schule bald wieder losgeht und dann die Grippesaison kommt, weil die Symptome von Covid-19 und einer normalen Grippe oft nicht ohne Weiteres mit Sicherheit unterschieden werden können. Außerdem ist das Gesundheitspersonal, das die Probenahme über die Nase durchführt, selbst einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt, weil es dazu den Patienten zwangsweise sehr nahe kommen muss. Hinzu kommen die Kosten für die notwendige Schutzausrüstung.
Diese Nachteile bietet ein Speicheltest nicht, wie Herman Goossens heute in der Zeitung De Morgen erklärt. Die zu Testenden könnten selbst und eigenständig die Probenahme durchführen, weil sie im Prinzip nur in ein Röhrchen spucken müssten, das dann zur Auswertung ins Labor geschickt wird. Und dann könnte man schon am nächsten Tag Gewissheit haben. Das Verfahren wäre also eben weniger invasiv und man bräuchte kein Fachpersonal zur Probenahme.
Speicheltests seien vor allem bei Kindern ideal, sagte Goossens am Montagmorgen in der VRT. Da man ab dem Herbst eine Zunahme der Infektionen erwarte, werde man öfter Abstriche nehmen müssen. Und wenn man hierbei eben Speicheltests einsetzen könne, sei das weniger traumatisierend für die Kinder, insbesondere für jüngere, ist Goossens überzeugt.
Aber um das überhaupt zu ermöglichen, müsse man sich schnell auf entsprechende Protokolle für Belgien einigen, forderte er, weil das bei dieser Altersgruppe noch kaum untersucht sei, lediglich für Erwachsene habe man Studienergebnisse.
Für den Virologen Marc Van Ranst sind Speicheltests prinzipiell ein interessantes mögliches Werkzeug, um schnell Infektionsherde ausmachen zu können. Er hält es deshalb für möglich, das ab September, sprich ab Schulbeginn, auszuprobieren, auch weil es eben noch keine entsprechenden Studien bei Kindern und Jugendlichen gebe.
Aus der bereits durchgeführten Untersuchung bei Erwachsenen geht allerdings hervor, dass der Speicheltest bei Personen mit einer niedrigen Virusladung nicht zuverlässig funktioniert. Für asymptomatische Infizierte aber, die eine mittlere bis hohe Virusladung haben, funktioniere der Speicheltest hingegen gut. Damit könnte sich dieses Verfahren theoretisch beispielsweise für breitangelegte Screening-Kampagnen anbieten. So könne man Menschen identifizieren, die, ohne es zu wissen, viel Virus in sich tragen, erklärte Van Ranst. Zum Beispiel auch sogenannte "Superverbreiter".
Soweit die Theorie. In der Praxis allerdings ist das, was zunächst vielversprechend klingt, laut Van Ranst undenkbar. Aus einem einfachen Grund: Es mangelt an Testkapazitäten. Wenn man das an Schulen machen wolle, müsse man sinnvollerweise jeden Schüler zwei Mal pro Woche testen. Das koste Unmengen an Geld und bisher gebe es kein Land auf der Welt, das so große Laborkapazitäten besitze.
Dem pflichtet auch der Virologe Steven Van Gucht vom Institut für Volksgesundheit, Sciensano, bei, das die Speicheltest-Untersuchung bei Erwachsenen unterstützt hat. Ja, theoretisch sei das eine gute Methode für Screenings in Schulen oder auch Alten- und Pflegeheimen. Aber wegen des Mangels an Testkapazitäten sei es eben unrealistisch. Bis zum Winter sollen die Laborkapazitäten in Belgien auf 70.000 Tests pro Tag ausgebaut sein, erklärte Van Gucht. Aber diese Kapazitäten brauche man in vollem Umfang schon für die Patienten, Hochrisikokontakte von Infizierten, mögliche neue Infektionsherde und natürlich auch für das Personal des Gesundheitssektors. Für breite Screenings sei da kein Platz mehr.
Das hieße aber nicht, dass Speicheltests überhaupt nicht als Testverfahren eingeführt werden könnten. Unter sehr spezifischen Umständen könne diese Methode durchaus eingesetzt werden, betonte Van Gucht.
Boris Schmidt
Komisch, denn im Klinikum Aachen sagt man, dass es unnötig sei, tief in die Nase zu gehen. Dort wird nur im Nasenflügel ein Abstrich gemacht.
Wer hat nun Recht?!?