Ein Hauch von Panik weht - in Belgien und auch in vielen anderen Teilen Europas. Die Zahlen steigen, unaufhörlich, unbarmherzig. Auch am Freitag hatte das Gesundheitsministerium wieder keine guten Neuigkeiten: In der letzten Sieben-Tages-Periode wurden im Durchschnitt täglich 371 Neuinfektionen gezählt. Das ist ein Plus von 62 Prozent im Vergleich zur Vorwoche.
Insgesamt haben sich also binnen einer Woche knapp 2.600 Menschen angesteckt. Das seien 1.000 mehr als in der Woche zuvor, erklärt Frédérique Jacobs, Sprecherin des Gesundheitsministeriums.
Die gleiche Entwicklung ist auch bei der Zahl der Krankenhausaufnahmen zu beobachten. Da klingen die rohen Daten zwar noch überschaubar - in der letzten Woche wurden im Durchschnitt 24 Covid-Patienten in Krankenhäusern aufgenommen -, das allerdings entspricht auch schon wieder einem Anstieg um ebenfalls 60 Prozent. Im Durchschnitt sind in der letzten Woche drei Covid-Patienten pro Tag gestorben.
Grund zur Panik gebe es noch nicht, sagen zwar viele Gesundheitsexperten. Nur muss man diesen Trend unter Kontrolle bringen. Denn, "die 'Ölflecken' drohen, zusammenzulaufen", wie es die Zeitung Het Laatste Nieuws formulierte. Anders gesagt: Schaut man sich die Belgien-Karte an, dann poppen immer mehr orange oder rote Flecken auf. Wir sprechen womöglich bald nicht mehr von einer Ansammlung von lokalen Krankheitsherden, sondern von einem flächendeckenden Problem.

Nicht zu früh liegt jetzt also auch endlich ein föderaler Strategieplan vor, der also Strategien und Instrumente auflistet. Die RTBF hat das Dokument einsehen können. Viele der Punkte kennt man demnach schon, sie werden bereits umgesetzt.
Im Mittelpunkt steht zunächst die Test-Strategie: Bis September soll die Kapazität tatsächlich die versprochenen 50.000 Tests pro Tag erreichen. Parallel dazu soll auch die Kontaktpersonennachverfolgung optimiert werden. Auch ist eine Sensibilisierungskampagne vorgesehen, die nochmal nachdrücklich für die "goldenen Sicherheitsregeln" werben soll.
"Erstmal ist es gut, dass ein solcher Strategieplan jetzt existiert", sagte der Epidemiologe Yves Coppieters in der RTBF. Nur: Sehr viel Neues erfahren wir da nicht. Auch nicht, wie man diese Ziele erreichen will, also vor allem die Erhöhung der Testkapazitäten.
Der Punkt sei nämlich, sagt Coppieters: Auch heute schon seien die reinen Testkapazitäten durchaus ansehnlich. Nur schafft man es nicht, die auch tatsächlich auszulasten. Das Problem ist eher auf dem eigentlichen Terrain anzusiedeln, also bei der praktischen Abwicklung.
Außerdem sieht der Plan keine Ausweitung der Test-Kriterien vor; und auch nicht eine Dezentralisierung, also etwa die Möglichkeit, sich auch in anderen Einrichtungen wie Apotheken testen lassen zu können.
Geregelt wird darüber hinaus auch der Ankauf bzw. die Lagerung von Schutzmaterialien aller Art, also Masken und medizinische Berufskleidung.
Der Plan wirft aber auch einen Blick in die Zukunft. Man denkt schon an die nächste Grippe-Welle. Die könnte nämlich die bereits bestehenden Probleme noch verschärfen. Deswegen die Empfehlung, dass sich möglichst viele Menschen gegen die Grippe impfen lassen sollten. Absolut richtig, sagt Professor Yves Coppieters, hier gehe es in erster Linie darum, die Krankenhäuser möglichst zu entlasten.
Des einen Besorgnis, des anderen Wut. Am Freitag protestieren in Brüssel die Schausteller. Sie sind aufgebracht, weil man gerade kurzfristig die Brüsseler "Süd-Kirmes" abgesagt hat, die "Foire du Midi". Und das ist ja nur ein Beispiel. "Was soll aus uns werden", fragte sich Dimitri Put in der VRT. "Wir sind die ersten, die unsere Aktivitäten einstellen mussten, und die letzten, die sie wieder aufnehmen durften. Und jetzt müssen wir wieder aufhören? Das geht nicht! Wir brauchen eine klare Ansage der Behörden."
Geduld werden wir haben müssen, sagen die Vertreter des Gesundheitsministeriums. "Wir müssen uns auf weiter steigende Zahlen einstellen", sagte Sprecher Boudewijn Catry. Es wird einige Wochen dauern, ehe die neuen Maßnahmen Wirkung zeigen.
Das Krisenzentrum ist auch auf das kommende Wochenende eingegangen. Am Samstag startet der Sommerschlussverkauf, der anders sein wird als sonst. Außerdem stehen am Wochenende einige Fußballspiele an. Die Experten des Krisenzentrums riefen noch einmal eindringlich dazu auf, die Kontakte einzuschränken und die Hygiene- und Abstandsregeln zu beachten.
Roger Pint
Mich wundert in diesem Text die Verwendung der Worte 'tatsächlich', 'immerhin' und 'Plan', 'Plan', 'Plan' ...
Mit Verlaub: 'Blahblahblah' hätte es da auch getan.
Die Frage ist: Wer hat Angst wem in die Suppe zu spucken?
Oder wieso werden diese sinnvollen Strategien nicht nach und nach bereits umgesetzt?
Man kann es zur Zeit nur den Lebenden Recht machen, und die Kranken ausreichend versorgen.
Doch während voller Stolz und mit ein wenig Verwunderung in Hinsicht auf dessen Zustandekommen ein Stategiepapier vorgestellt wird, werden Menschen krank. Und manche sterben leider auch, was ganz sicher nicht im Sinne der Umsetzung eines 'tatsächlich, immerhin existierenden Plans' sein sollte. Oder?