Verschärfte Maskenpflicht und deutliche Einschränkungen im sozialen Umgang – ein zweiter Lockdown ist das noch nicht. Aus wirtschaftlicher Sicht sind die Folgen für manche aber genauso verheerend, zum Beispiel für den Veranstaltungssektor. Die Aktivität der Branche liegt bereits seit März quasi lahm. Festivals, Konzerte, Hochzeitsfeste – alles musste abgesagt werden. Mit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen hatte die Branche wieder Hoffnung geschöpft. Erste kleinere Feiern konnten schon wieder abgehalten werden. Ab August sollte die erlaubte Teilnehmerzahl weiter erhöht werden.
Doch daraus wurde nichts. Im Gegenteil: Mit der verkleinerten Kontaktblase sei nichts mehr möglich, beklagt Arnaud Tabéry vom Berufsverband der Caterer. "Wir haben nichts mehr. Keine Hochzeiten, das ist sehr schlimm, aber auch keine Taufen, keine Grillpartys. Nichts. Das betrifft zum einen uns Caterer, aber auch viele weitere Berufe, die da dranhängen. Zum Beispiel DJs und Veranstaltungstechniker."
Einzelhandel
Auch für den Einzelhandel sind die neuen Bestimmungen ein schwerer Schlag: Einkaufen ist jetzt nur noch allein erlaubt. Das heißt, keine Shopping-Touren mit der besten Freundin zum Beispiel. Und der Bedarf an neuen Hemden ist ohnehin gering, wenn keine Feiern stattfinden.
Die Händler befürchten außerdem einen nachhaltigen Schaden: Die Leute könnten sich möglicherweise noch mehr ans Einkaufen im Internet gewöhnen und die Geschäfte langfristig meiden.
Aussteller
Ebenfalls große Verlierer sind die Aussteller der Foire du Midi. Die große Sommerkirmes in der Hauptstadt wurde am Montag kurzfristig abgesagt. Er habe diese "schwierige Entscheidung" treffen müssen, erklärte Brüssels Bürgermeister Philippe Close. Angesichts der Entwicklung der Pandemie und den Vorgaben des Sicherheitsrats habe es aber keine Wahl gegeben.
Bei den Ausstellern herrscht Unverständnis und Verzweiflung. "Die halten uns wohl für Hampelmänner", beschwert sich einer von ihnen. "Erst erzählt man uns alles Mögliche. Und wir kommen hierher, teilweise mit Schwertransporten aus den Niederlanden, aus Frankreich. Seit fünf Tagen bauen wir schon auf, hier mitten in Brüssel. Und jetzt wollen sie plötzlich alles absagen? Das geht so nicht."
Horeca-Sektor
Auch im Bereich der Gastwirtschaft wurde das Treffen des Nationalen Sicherheitsrates am Montag gebannt verfolgt. Bei der Sitzung vergangenen Donnerstag wurde ja bereits die Pflicht zum Tragen von Mundmasken in Restaurants, Bars und Cafés ausgeweitet. Außerdem müssen Gäste sich jetzt in Kontaktlisten eintragen, um im Fall einer Ansteckung in einem Lokal im Nachhinein benachrichtigt werden zu können.
Grundsätzlich blieb der Horeca-Sektor aber auch am Montag von erneuten tiefen Einschnitten verschont. "Wir sind sehr erleichtert", berichtet Christelle Tancev, Managerin einer Brasserie in Lüttich. "Wir hatten befürchtet, dass es noch weitere Regeln geben könnte. Schon jetzt ist es nicht einfach für uns, zum Beispiel an jedem Tisch die Gäste nach ihren Telefonnummern zu fragen."
Mit Umsatzeinbußen haben die Bars und Restaurants ohnehin schon zu kämpfen. Außerdem brauchen sie mehr Personal, um die Hygienevorschriften einzuhalten.
Goldhändler
Doch es gibt auch klare Gewinner. Nicht direkt ein Effekt der Corona-Maßnahmen, wohl aber der Krise ist der steigende Goldpreis. Weltweit investieren Menschen derzeit in das Edelmetall, denn Gold gilt als sichere Anlage in Krisenzeiten.
Seit Anfang des Jahres hat der Goldpreis schon um 27 Prozent zugelegt. Davon profitiert auch der Juwelier und Goldhändler David Doutrepont aus Verviers. "Hier dieser Goldbarren ist jetzt schon an die 5.000 Euro wert. Und die Leute kaufen gerade gerne, weil sie sich jetzt in der Krise mit einem Goldbarren zu Hause abgesichert fühlen."
Nicht finanziell, aber ideologisch kann sich eine weitere Gruppe nach der Sitzung des Sicherheitsrats am Montag als Sieger sehen: die Experten und Virologen des Landes. Marc Van Ranst, Michel Goldman und Co. hatten ja schon vergangene Woche schärfere Maßnahmen gefordert, doch die Politiker ignorierten das. Jetzt mussten sie sich dem Druck beugen.
"Die natürliche Ordnung der Dinge ist wiederhergestellt", schreibt dazu De Standaard am Montagmorgen in seinem Leitartikel. "Für einen Moment dachten die Politiker wohl, die Viro- und Epidemiologen seien zuerst höfliche Berater, die außerdem anschließend helfen, die getroffenen Entscheidungen an die Bevölkerung zu verkaufen." Dieses Missverständnis sei nun wieder gerade gerückt worden, befindet De Standaard.
Peter Eßer