Offenbar gibt es in Belgien eine Diskrepanz zwischen Viel-Sparern und Wenig-Sparern. Einerseits sind die Belgier insgesamt Sparchampions und haben zusammen rund 283 Milliarden Euro auf Sparbüchern geparkt. Andererseits geben in einer Umfrage eines Versicherers 41 Prozent der Befragten an, dass sie am Monatsende nie oder nur selten Geld übrig haben.
Jeder dritte Belgier nicht auf unerwartete Ausgaben vorbereitet
Für die Umfrage wurden mehr als 2.000 Belgier zu ihrer finanziellen Situation befragt. Jeder Dritte (34 Prozent) gibt zu, dass eine große, unerwartete Ausgabe ein zu hohes Hindernis darstellt. 23 Prozent der Flamen geben an, dass sie überhaupt kein Erspartes haben. In der Wallonischen Region sind es sogar 36%.
Die goldene Regel, dass man genug Spargeld auf Seite legen sollte, um drei Monate überbrücken zu können, ist für mehr als die Hälfte (55 Prozent) demnach ein Ding der Unmöglichkeit. Und die Corona-Pandemie hat auch dazu beigetragen, dass sich die Lage verschlechtert. Dazu hat die belgische Nationalbank eine Umfrage gemacht. Das Ergebnis: Sechs von zehn Familien haben durch die Folgen der Corona-Pandemie Einkommensverluste erlitten.
Sparquote steigt - gerade wegen Corona
Trotzdem ist die Sparquote in Belgien gestiegen. Wie das möglich ist, erklärt ein Ökonom der Nationalbank so: Die Sparquote, also der Anteil des verfügbaren Einkommens, der gespart wird, ist in unserem Land während der Coronakrise tatsächlich gestiegen. Der Durchschnitt liegt jetzt bei 20 Prozent. Das heißt, im Schnitt spart der Belgier einen Euro wenn er fünf Euro einnimmt.
Das ist logisch, denn durch die Corona-Maßnahmen gab es weniger Möglichkeiten, Geld auszugeben. Zwischen dem 26. April und dem 31. Mai waren die belgischen variablen Ausgaben um 12 Prozent niedriger als im Vorjahr. Das ist besser als noch vor einigen Wochen, denn während des Lockdown betrug der Rückgang sogar 31%.
Aber auch während der Corona-Krise gab und gibt es viele Menschen, die weiterhin ihren Lohn erhalten. Das ist laut Nationalbank natürlich eine Momentaufnahme. Der Durchschnitt sagt wenig darüber aus, wie stark bestimmte Gruppen - insbesondere vorübergehend Arbeitslose, Selbstständige und arbeitende Studenten - betroffen sind.“
Reich und Arm driften immer weiter auseinander
Der Sozioökonom Ive Marx kommt da zu einem klaren Fazit. Der Zeitung Het Laatste Nieuws sagte er: „Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer. Und Corona hat diesen Prozess sogar beschleunigt.“ Marx geht davon aus - und da ist er mit Sicherheit nicht der Einzige - dass uns das Schlimmste aber noch bevor steht. Jetzt, wo die Unterstützungshilfen aufhören, werden weitere Konkurse kommen, und im Herbst werden die Sozialhilfezentren einen viel größeren Zustrom von schutzbedürftigen Menschen erleben, die um Unterstützung bitten.
Zwischen dem 26. April und dem 31. Mai waren die belgischen variablen Ausgaben um 12 Prozent niedriger als im Vorjahr. Das ist besser als noch vor einigen Wochen, denn während des Lockdown betrug der Rückgang sogar 31%.
HLN/MZ/SH