Die Coronavirus-Epidemie hat auch schwere wirtschaftliche Folgen. Und diese Folgen können dramatisch sein. Entsprechende Prognosen zum Beispiel der Nationalbank über eine starke Zunahme der Arbeitslosigkeit oder eine Pleitewelle für Betriebe und Selbstständige lassen da nichts Gutes erwarten. Und das womöglich auf Jahre hinaus.
Aber wie in jeder Krise sind nicht alle Menschen gleichermaßen betroffen. Sei es, weil sie zum Beispiel keine Einbußen durch die Krise haben oder nicht von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Oder auch, weil sie einen Notgroschen haben, der sie, zumindest eine Weile, über die Runden bringt.
Es gibt aber auch die Menschen, die schon in normalen Zeiten Geld nicht gerade im Überfluss hatten. Diese Bevölkerungsgruppe lebte zum Teil schon vor der Corona-Krise in Armut, oder war zumindest einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt. Und diese Menschen sind natürlich jetzt besonders stark betroffen. Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen gehören immer zu den ersten, die im Zweifelsfall, wenn die Wirtschaft nicht mehr so gut läuft, auf die Straße gesetzt werden. Sie müssen dann eben zusehen, wie sie über die Runden kommen. Und oft genug müssen sie dann eben auch bei den Sozialhilfezentren anklopfen.
Zunahme der Essenshilfe
Und genau die schlagen jetzt Alarm, wie Céline Nieuwenhuys, die Generalsekretärin der Fédération des services sociaux, in der RTBF erklärte. Und sie hat alarmierende Zahlen: 450.000 Personen hatten bereits vor der Krise in Belgien Anspruch auf Essenspakete. Aber jetzt schätze man, dass es 200.000 Menschen mehr seien, die auf diese Hilfe angewiesen seien.
Und diese dramatische Zunahme könne man auch sehen. Es gebe zum Teil in manchen Stadtvierteln kilometerlange Schlangen. Und wer das auf sich nehme, der brauche die Essenshilfe auch wirklich.
Es habe schon vor der jetzigen Krise Bevölkerungsgruppen gegeben, die sich in einer prekären Situation befunden hätten. Aber durch die Epidemie hätten sie höhere Ausgaben. Zum Beispiel, weil die Kinder jetzt zu Hause seien und damit jeden Tag mehr Mahlzeiten auf den Tisch gebracht werden müssten. Und das könne schnell zu einem weiteren sozialen Abstieg führen.
Die "neuen Armen"
Aber es gibt auch die sogenannten "neuen Armen". Dazu gehörten unter anderem die Studenten, die ihre Nebenjobs verloren hätten, Künstler, Flexi-Jobber und Zeitarbeiter. Aber auch Selbstständige, die sehr schnell abgestürzt seien.
Und diese Zunahme der Armut aufgrund der Corona-Krise führe auch zu einem breiten Anstieg bei den Menschen, die Sozialhilfe bräuchten. Allein in Gent habe es beispielsweise eine Zunahme von 40 Prozent bei den Sozialhilfeanträgen gegeben. Und man rede hier über Menschen, die oft schon Anrecht auf Coronavirus-Übergangsleistungen vom Staat hätten. Und trotzdem hätten diese Menschen spürbare Einbußen bei ihren Einkünften zu verzeichnen.
Und es sei auch so, betonte Nieuwenhuys, dass die meisten nicht sofort beim Sozialamt vorstellig würden. Aber wenn die Rücklagen aufgebraucht seien und Menschen als Folge der andauernden Krise ihre Jobs verlieren, dann werde es einen weiteren schnellen und starken Anstieg bei den Sozialhilfeanträgen geben.
Maßnahmen notwendig
Deswegen müssten dringendst Maßnahmen für diese Menschen beschlossen werden, forderte Nieuwenhuys, die auch Mitglied des die Regierung beratenden Expertengremiums ist, in der RTBF.
Wenn der Staat nicht jetzt handele, bestehe die Gefahr, dass die Betroffenen zu tief fallen. Und jetzt vorausschauend zu handeln, werde im Endeffekt weniger kosten, als zu versuchen, die sozialen Schäden im Nachhinein zu reparieren.
Eine mögliche konkrete Maßnahme wäre laut der Expertin beispielsweise die Umwandlung der Essenspakete in Mahlzeitschecks. Damit könnten die Menschen sich selbst Nahrungsmittel kaufen, würden die Schlangen vor den Essensausgaben abgebaut und würde auch Personal wieder für andere Aufgaben frei. Auch eine sogenannte Covid-Prämie sei eine Möglichkeit, um die von Armut bedrohten Menschen zu unterstützen.
Boris Schmidt
Hat sich mal jemand die Stellenangebote des Arbeitsamts der DG angesehen?
Das Angebot an offenen Stellen als bescheiden zu bezeichnen, ist noch untertrieben.