Ein Tag, der wohl perfekt als Generalprobe durchgehen könnte. Zum Auftakt der Lockerungen ist das wirtschaftliche Leben nur zaghaft wieder in Gang gekommen. Eigentlich war es für viele nach rund sieben Wochen der Tag der Rückkehr in die Firma.
Dabei darf man nicht vergessen, dass Homeoffice nach dem Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates bis auf Weiteres die Norm bleiben sollte. Vielleicht ist das auch eine Erklärung dafür, dass der Tag dann doch immer noch eher ruhig verlaufen ist. Zwar gab es schon wieder vereinzelte Staus - aber kein Vergleich mit der Situation in Vor-Corona-Zeiten.
Auch bei den Öffentlichen Verkehrsbetrieben wurde kein sprunghafter Anstieg der Zahl der Reisenden registriert. Die Brüsseler Nahverkehrsgesellschaft Stib verzeichnete in den Bussen und Bahnen zwischen 15 und 20 Prozent der Fahrgäste, die in Normalzeiten unterwegs gewesen wären. Bei der SNCB waren es noch weniger - nach Schätzungen lag die Zahl der Reisenden bei zehn Prozent des eigentlich üblichen Niveaus.
Industrie und andere Betriebe ohne direkten Kundenkontakt
Erst durften die großen Unternehmen wieder ihre Produktion hochfahren: Die Industrie und auch andere Betriebe, die keinen direkten Kundenkontakt haben.
In den Unternehmen sollten im Wesentlichen aber weiter die Vorsichtsmaßnahmen gelten. Wie das im Einzelnen aussehen sollte, das steht in einem Leitfaden, auf den sich Arbeitgeber und Gewerkschaften verständigt hatten. Dieser Leitfaden ist aber nicht bindend, die Arbeitgeber wollen ihn lediglich als Empfehlung betrachten.
Die föderale Wirtschaftsministerin Nathalie Muylle war aber zuversichtlich. In vielen Betrieben sei der Neustart in den letzten zwei Wochen fieberhaft vorbereitet worden, sagte die CD&V-Politikerin in der VRT. Es gebe ja schon den Leitfaden, viele Unternehmen hätten aber noch zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen. "Es gibt viele kreative Ideen und Lösungen", so Muylle.
Doch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die Gewerkschaften hatten im Vorfeld schon angekündigt, die Situation in den Unternehmen kritisch zu beäugen. Auch die Arbeits- und die Sozialinspektion würden ab jetzt noch verstärkt aktiv, sagte Nathalie Muylle. Es gebe aber die Anweisung, dass die Inspektoren betont lösungsorientiert vorgehen sollen. Kontrollieren, aber zugleich beratend den Unternehmen zur Seite stehen. Aber sollte sich der eine oder andere beratungsresistent und unbelehrbar zeigen, dann wird auch durchgegriffen.
Doch alles wird erst einmal langsam anlaufen. Das sagte auch Pieter Timmermans, der Geschäftsführer des Unternehmerverbandes FEB in der VRT. Erstmal müssen die Lieferketten wiederhergestellt werden.
Um zu produzieren, braucht man Grundstoffe. Produkte müssen erst hergestellt werden, bevor sie zur Weiterverarbeitung an andere Unternehmen geschickt werden können. Die Situation dürfte sich also erst gegen Ende Mai einigermaßen wieder normalisieren: "Wir denken, dass dann das Produktionsniveau wieder zu 80 Prozent erreicht ist", so Pieter Timmermans vom Arbeitgeberverband.
Maskenpflicht: Öffentliche Verkehrsbetriebe fahren Angebot hoch
In allen Öffentlichen Verkehrsmitteln gilt seit Montag eine Maskenpflicht. Mit Ausnahme einiger weniger Unbelehrbarer sei die Regel im Wesentlichen gut befolgt worden. Auf den Startschuss hatten sich auch die Öffentlichen Verkehrsbetriebe vorbereitet, da mehr und mehr Leute wieder zur Arbeit gehen. "Wir werden unser Angebot wieder weitgehend auf Normalniveau hochfahren", sagte SNCB-Chefin Sophie Dutordoir in der VRT.
Konkret wird die Anzahl Züge von jetzt 1.800 auf 3.600 angehoben. Alle Züge werden morgens erst desinfiziert, bevor sie das Depot verlassen. Und im Laufe des Tages werden fast alle Züge noch ein zweites Mal geputzt. In jedem Zug müssen zudem zwingend fließendes Wasser und Seife zur Verfügung stehen.
Wichtigste Neuerung aber für die Zugreisenden: Es gilt eine strikte Maskenpflicht. Wer keine Maske hat, der kann auch einen Schal oder ein Bandana verwenden, solange Nase und Mund bedeckt sind, sagte auch SNCB-Sprecher Dimitri Temmerman. In einer ersten Phase werde man noch sensibilisieren. Bei Nichtbeachtung droht aber eine Geldbuße von 250 Euro. "Die Regeln sind deutlich", sagt Dimitri Temmerman von der SNCB.
Auch bei De Lijn, der TEC und der STIB gibt es eine Maskenpflicht. In den letzten Tagen waren bei den Verkehrsunternehmen vor allem Aufkleber, Absperrband und Klebeband im Einsatz, um auf die Regeln hinzuweisen und die Abstandsbeschränkungen durchzusetzen.
Zudem vermeidet man am besten die Rushhour, rät STIB-Sprecherin An Van Hamme. Ein großer Andrang ist ab dem 11. und vor allem ab dem 18. Mai zu erwarten, wenn die Schulen teilweise wieder ihren Betrieb aufnehmen.
Roger Pint