In Krisenzeiten schlägt die Stunde der Regierung, so eine alte politische Weisheit. Verständlich, die Regierung ist präsent in den Medien und kann ihre Tatkraft regelmäßig unter Beweis stellen. Die Opposition ist zur Untätigkeit verdammt, um nicht zu sagen abgemeldet. Erst recht in einer schwierigen und für viele lebensbedrohlichen Situation, wie jetzt in der Coronakrise. Da kommt es bei den Wählern nicht gut an, parteipolitischen und ideologischen Streit vom Zaun zu brechen. Doch jetzt, wo Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, kommt auch die Opposition in Bewegung. Beispielsweise Bart De Wever, Chef der nationalistischen flämischen N-VA.
Das Foto mit einem auf einer Parkbank sitzenden Bart De Wever war ein Schuss in den Ofen. Damit wollte der N-V-Chef und Bürgermeister von Antwerpen, eigentlich gegen einige - in seinen Augen sinnlose - Corona-Maßnahmen Widerstand demonstrieren. Das kam aber gar nicht gut an. Auch nicht bei der Bevölkerung.
Montagmorgen war De Wever im VRT-Radio dann auch weniger auf Krawall gebürstet, und gab vielmehr den mahnenden Rufer. Vor allem im Namen der Wirtschaft. Ein Exit-Plan, wie die Wirtschaft auf sichere Weise wieder angeworfen werden kann, müsse dringend her, fordert De Wever. Vor allem da Belgien den anderen Ländern hinterherhinke. "Niederlande, Deutschland, Frankreich und auch die asiatischen Länder sind in ihrer Exit-Strategie schon viel weiter, und haben meistens auch schon ein konkretes Datum definiert."
Auf ein konkretes Datum will De Wever sich zwar nicht festlegen - aber bitte so schnell wie möglich. Dass der Exit schrittweise erfolgen muss, sieht auch De Wever ein. Er hofft, dass nach dem nächsten Nationalen Sicherheitsrat am Freitag mehr Klarheit herrscht. Den Rückstand zu den anderen Ländern aufzuholen, sei sowieso schon schwer genug: "Wenn wir weiter stillgelegt bleiben, dann verlieren wir auch Marktanteile", warnt De Wever.
Und das kann Folgen haben. Laut Berechnungen des Internationalen Währungsfonds werden 100.000 Belgier nach der Krise nicht nur zeitweilig, sondern richtig arbeitslos sein. Man dürfe nicht Gesundheit und Wirtschaft gegeneinander ausspielen. "Denn wenn man die Wirtschaft opfert, dann kostet das auch viele gesunde Lebensjahre", so De Wever. "Beides hängt zusammen. Ohne starke Wirtschaft keine starke Gesundheitsversorgung."
In seiner Logik: Wer arbeitslos ist, hat weniger Geld, lebt deshalb ungesünder und wird so schneller krank. Da könne die Reaktion auf die Krise schlimmer sein, als die Krise selbst: "Und diese Gefahr besteht, wenn wir die Angst regieren lassen."
Er verstehe die panische Angst der Menschen, die in dieser ungesehenen Krise nicht zurück an ihren Arbeitsplatz wollen. Dann müsse die Regierung eben für ein sicheres Umfeld sorgen, um diese Angst zu überwinden.
Apropos Regierung. Im Juni wird geschaut, wie die derzeitige Vollmachts-Regierung von Sophie Wilmès in der Krise funktioniert hat. Dass die N-VA ihr nochmal die Vollmachten geben wird, ist gar nicht so selbstverständlich.
Es gebe derzeit wenig Gründe das System zu verlängern, sagt De Wever: "Die Vollmachten hätten der Regierung die Möglichkeit geben sollen, das Land zu regieren und die Koordination mit den Teilstaaten zu verbessern. Das hat nicht funktioniert. Das Kind sei zwar jetzt in den Brunnen gefallen, aber bei der Vollmachtsregierung, da sei die Luft raus."
Deutschland, Polen und Dänemark lockern ab Montag vorsichtig ihre Einschränkungen in der Corona-Krise. Frankreich hat einen konkreten Zeitplan ab dem 11. Mai vorgestellt.
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