Der Virologe Dr. Emmanuel André vom Krisenzentrum scheint zumindest verhalten optimistisch. Stückchen für Stückchen, Tag für Tag sehe man, dass sich die Zahl der Neuinfektionen stabilisiere. Ebenfalls ein gutes Zeichen sei, dass sich nicht mehr, sondern inzwischen sogar weniger Menschen bei ihren Hausärzten wegen Coronavirus-typischer Beschwerden melden würden.
Dem stimmt auch sein Kollege Steven Van Gucht zu: Die Zahl der bestätigten Neuinfektionen stabilisiere sich, auf hohem Niveau zwar, aber eindeutig. Und das trotz einer Intensivierung der Tests. Dass sich die Zahl der täglichen Krankenhausneuaufnahmen in einer Größenordnung von 500 bis 600 Patienten einpendele, sei zwar ein hoher Wert, aber trotzdem ermutigend und ein gutes Zeichen.
Die Frage, die zweifelsohne die meisten Menschen beschäftigt, ist natürlich die, ob wir den Höhepunkt der Krise inzwischen erreicht haben. Aber die Experten des Krisenzentrums sind da zurückhaltend und mahnen zur Vorsicht. Er sei zwar guter Hoffnung, dass man den sogenannten "Peak" bald verkünden könne, so Van Gucht. Aber für den Moment bleibe es noch etwas Kaffeesatzleserei, man müsse eben die Daten der nächsten Tage abwarten.
Neben der Frage nach dem Peak ist auch die Wirksamkeit der Ausgangsbeschränkungen ein Thema, das die Menschen umtreibt. Seit mittlerweile zweieinhalb Wochen gelten strenge Maßregeln, um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu bremsen. Und trotzdem müssen jeden Tag noch über 500 Menschen wegen Covid-19 neu ins Krankenhaus, wie kann das sein?
Dr. Van Gucht kann diese augenscheinliche Diskrepanz erklären. Die Maßnahmen hätten das Ziel gehabt, die Bevölkerung in kleine Gruppen und Grüppchen zu unterteilen und so voneinander zu isolieren - Gruppen wie beispielsweise Familien, Pflegeheime oder Betriebe.
Und zwischen diesen Gruppen sollten Begegnungen möglichst vermieden werden, damit sich das Virus möglichst wenig ausbreiten könne. Und so treffe das Coronavirus auf immer mehr Hindernisse – und so könnten auch immer mehr Menschen eine Immunität aufbauen.
Das heiße aber natürlich nicht, dass sich das Virus überhaupt nicht mehr ausbreiten könne, fügte Van Gucht hinzu, innerhalb der Gruppen selbst könne sich Covid-19 noch immer verbreiten – nur eben in deutlich begrenzterem Ausmaß. Und das erkläre, dass eben immer noch neue Infektionsfälle auftreten. Das hat aber nicht unbedingt etwas mit einer absichtlichen Nichtbeachtung der Vorschriften zu tun.
Vielmehr ist es in manchen Fällen so, dass die Menschen einfach keine Wahl haben. Dafür liefert Dr. Emmanuel André ein konkretes Beispiel: In Altenheimen sei "Social Distancing", also das Einhalten eines Sicherheitsabstandes, nicht immer möglich – weder für die Menschen, die dort lebten, noch für die, die sich um sie kümmerten.
Aber dennoch geschehen diese Neuinfektionen viel langsamer, als es ohne die getroffenen Schutzmaßnahmen der Fall wäre, wie Steven Van Gucht betont. Die Epidemie sei damit also verlangsamt und damit auch beherrschbarer geworden,
Boris Schmidt