Die Zahlen sagen eigentlich schon alles. In den letzten Tagen sind einige Daten sprunghaft angewachsen. Was darauf hinweist, dass wir uns nach wir uns nach wir vor in der aufsteigenden Phase der Epidemie befinden.
Vor diesem Hintergrund kann man sich an den fünf Fingern abzählen, was die Experten dem Nationalen Sicherheitsrat da empfehlen werden. Der Virologe Dr. Steven Van Gucht, der Leiter des wissenschaftlichen Beratergremiums, hat es am Freitagmorgen in der VRT schon klar ausgesprochen. "Wir werden die heute geltenden Maßnahmen wohl noch eine Zeitlang aufrechterhalten müssen." Aber, immerhin, so fügt er hinzu: Es gibt Anzeichen dafür, dass die Maßnahmen Wirkung zeigen.
Die Vehemenz der Ausbreitung nimmt ab. Und das erklärt sich nur durch die Maßnahmen, die wir getroffen haben und durch die Tatsache, dass die Bevölkerung die Regeln auch gut befolgt.
Letzteres gilt aber immer noch nicht für alle. Täglich muss die Polizei unzählige Male einschreiten, um Unbelehrbare zu ermahnen.
Jetzt ist "Schluss mit lustig", warnte aber Innenminister Pieter De Crem. Die nächsten zehn Tage werden besonders schwierig. Die Zahlen werden jetzt gefährliche Ausmaße erreichen. Wir müssen jetzt zusammen Verantwortung übernehmen.
"Schluss mit lustig", das heißt im Klartext: Die Polizei ist jetzt dazu übergegangen, die Missachtung der Ausgangsbeschränkungen konsequent zu ahnden.
Das gilt auch für Unternehmen, die sich nicht an die Regeln halten. In den letzten Tagen hatten die Gewerkschaften mehrmals eindringlich darauf hingewiesen, dass einige Betriebe "das Spiel nicht mitspielten". Mancherorts würden die Regeln - etwa zur räumlichen Abgrenzung- einfach in den Wind geschlagen.
Damit konfrontiert gab sich Premierministerin Sophie Wilmès am Donnerstag in der Kammer entschlossener denn je. Damit das klar ist, zischte Wilmès und schlug beinahe mit ihrer Faust auf das Rednerpult: "Ob nun in einem systemrelevanten Unternehmen oder nicht: Die Regeln gelten für alle. Wir haben es oft genug gesagt: Die Gesundheit der Arbeitnehmer geht vor. Und wenn das nicht klar ist, dann werden wir das eben noch klarer machen."
Und diesen Worten sind inzwischen auch Taten gefolgt. Wie die Zeitung Het Nieuwsblad berichtet, waren allein innerhalb von drei Tagen bei der Sozialinspektion 170 Klagen eingegangen. Also über Unternehmen, die die geltenden Corona-Vorbeugemaßnahmen nicht einhalten.
In der Folge wurden 245 Betriebe überprüft. Resultat: Nur in einem von acht Unternehmen war wirklich nichts zu beanstanden.
Wer nicht in Ordnung ist, der wird zunächst verwarnt, sagte Wirtschaftsministerin Nathalie Muylle in der VRT. Dann hat man ein paar Tage Zeit, die beanstandeten Missstände zu beheben. Dann wird erneut überprüft. In ganz schlimmen Fällen wird der Betrieb geschlossen.
Das ist auch schon passiert: in den letzten Tagen sind laut Het Nieuwsblad sieben Betriebe dichtgemacht worden. Und, wie De Tijd berichtet, haben die Generalprokuratoren des Landes beschlossen, diese Problematik zu einer Priorität zu machen.
Doch blickt der eine oder andere auch schon etwas weiter in die Zukunft. Wenn der Höhepunkt der Epidemie einmal hinter uns liegt, dann wird die Frage im Raum stehen, ab wann und wie schnell die Wirtschaft wieder hochgefahren wird. Da werden Tests eine große Rolle spielen.
Denn nur, wer die Menschen konsequent testet, läuft hier nicht das Risiko, dass der ersten Welle gleich die zweite folgt. Der zuständige Minister Philippe De Backer hat in der Kammer versprochen, dass die Kapazitäten von 2.000 auf bald 10.000 Tests pro Tag erhöht werden sollen. Wir sind auf einem guten Weg, sagte De Backer in der VRT.
Man denkt aber auch noch über ganz andere Maßnahmen nach. Anscheinend wird an einer Smartphone-App gearbeitet. Die soll es erlauben, im Falle eines positiven Tests gleich nachvollziehen zu können, wo der Betreffende in den letzten Tagen war und mit wem er Kontakt hatte.
Der Virologe Marc van Ranst bestätigte entsprechende Pläne, warnt aber zugleich vor den Gefahren: Das kann hilfreich sein, um die Krankheit einzudämmen. "Aber", so warnt Van Ranst: "Das wäre Big Brother im Quadrat. Eine Orwellsche Überwachungsgesellschaft. Soweit sind wir aber noch nicht". Nur: technisch ist das durchaus möglich.
Das fragile Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Freiheitsrechten, das dürfte wohl auch eins der großen Themen der nächsten Zeit werden.
Die Polizei hatte am Donnerstag klare Anweisungen darüber gefordert, was Menschen in der Ausgangsbeschränkung draußen tun dürfen und was nicht. Beispielsweise geht es darum, wie weit sich jemand für den Sport von seinem Wohnort entfernen darf.
Gesundheitsministerin Maggie De Block (Open VLD) und Virologe Marc Van Ranst halten eine strengere Regelung für nicht sinnvoll, weil der positive Effekt auf die Gesundheit überwiege.
Corona-Krise: Polizei fordert klarere Regeln vom Nationalen Sicherheitsrat
Roger Pint
Wichtig wird vor allem sein, ganze Hundertschaften von Polizisten loszuschicken, um auf die Einhaltung der Bestimmungen zu pochen und gebührenpflichtige Verwarnungen auszustellen. Da kaum noch jemand Auto fährt und es somit fast keine Verkehrssünder mehr gibt, die man zur Kasse bitten könnte, muss der Staat seine Einnahmequellen anderweitig organisieren!